So ehrlich sind wir gar nicht
Schweizer schwindeln, wenns um Geld geht

Publiziert: 17.11.2015 um 18:20 Uhr
|
Aktualisiert: 09.10.2018 um 01:04 Uhr
Die Schweizer, ein Volk von Pinocchios?
Foto: Reuters
Von Vinzenz Greiner

Haben Schweizer kürzere Beine als Briten? Sind die Balken in Dänemark weniger gebogen? Und wie lange währt die Schweiz, wenn doch Ehrlichkeit am längsten währt?

Solche Fragen stellen sich, wenn man die neue Studie von David Hugh-Jones von der University of East Anglia in Norwich anschaut. Der britische Ökonom hat die Ehrlichkeit und die Meinungen darüber von 1500 Menschen aus 15 Nationen untersucht.

Türken im Experiment am unehrlichsten

Was er herausfand: Ehrlichkeit hängt mit dem Anteil der Protestanten an der Gesamtbevölkerung zusammen. Und mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, wenn auch diese Korrelation seit den letzten Jahrzehnten schwächer wird. Eigentlich keine schlechten Voraussetzungen für helvetische Ehrlichkeit. Schliesslich hat sich die Schweiz ihren Wohlstand mit zwinglianischer Emsigkeit erwirtschaftet.

Dennoch liegen die Schweizer nur auf Platz fünf. Vor ihnen: Briten, Dänen, Amerikaner und Südafrikaner. Die Türkei liegt auf dem letzten Platz.

Das fanden Hugh-Jones und sein Team in zwei Tests heraus. Zuerst mussten die Teilnehmer der Studie eine Münze werfen und anschliessend mitteilen, ob Kopf oder Zahl gefallen ist. Bei Kopf erhielten sie drei beziehungsweise fünf Dollar. Bei Zahl: nichts. Obwohl die Chance genau 50-50 steht, rapportierten alle Beteiligten mehr Kopf- als Zahl-Würfe. Ein klares Schummel-Zeichen.

Während die Briten und Südafrikaner nur knapp über 50 Prozent aller Würfe mit dem Ergebnis «Kopf» angaben, warfen die Schweizer Teilnehmer nach eigenen Angaben sechs von zehn Mal Kopf. Die Chinesen sogar sieben von zehn Mal.

Die eigenen Landsleute eher im Verdacht

Im zweiten Teil des Experiments mussten die Teilnehmer Quizfragen zu Musik am Computer beantworten. Wieder gab es kleine Geldanreize. Die Fragen waren allerdings teilweise so schwer, dass sie ohne Internet-Hilfe kaum zu beantworten waren. So sollten die Teilnehmer beispielsweise beantworten, in welcher Stadt und welchem Staat Michael Jackson geboren wurde und wie viele Ventile eine Standard-Trompete hat. Mehr als eine dieser Fragen richtig zu beantworten, so in eine Mitteilung der Universität, lasse darauf schliessen, dass geschummelt wurde.

Hugh-Jones prüfte nicht nur die Ehrlichkeit, sondern auch den Glauben an die Aufrichtigkeit der anderen. So mussten die Teilnehmer schätzen, wie viele von 100 Teilnehmern beim Münz-Wurf die Kopf-Seite als Ergebnis angeben würden. Das Ergebnis: Man traut den Fremden eher. «Die Menschen waren pessimistischer in Bezug auf die Ehrlichkeit ihrer Landsleute als in Bezug auf jene anderer Länder.» Das könnte an der verstärkten Berichterstattung über Fälle von Unehrlichkeit liegen, so der Ökonom.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.