Thomas Jordan über den Mindestkurs und dessen Aufhebung
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Vier Jahre danach:Thomas Jordan über den Mindestkurs und dessen Aufhebung

SNB-Präsident Thomas Jordan verteidigt seine Geldpolitik
«Wir können die Zinsen weiter senken»

Zum BLICK-Jubiläum hat Nationalbank-Präsident Thomas Jordan auf die Zeit des Mindestkurses zurückgeblickt. An dem Ort, wo die Aufhebung 2015 beschlossen wurde: in einem Raum der Nationalbank in Zürich.
Publiziert: 19.04.2019 um 23:50 Uhr
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Nationalbank-Präsident Thomas Jordan (rechts) im Gespräch mit BLICK-Wirtschaftsredaktor Christian Kolbe. Thema: Die Aufhebung des Mindestkurses.
Foto: Jessica Keller
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Zum BLICK-Jubiläum blickt Nationalbank-Präsident Thomas Jordan auf die Zeit des Mindestkurses zurück – in dem Raum der Nationalbank in Zürich, wo dessen Aufhebung am 15. Januar 2015 beschlossen wurde.

BLICK: Herr Jordan, hatten Sie damals Angst, etwas Falsches zu tun? 
Thomas Jordan:
Es war kein leichter Entscheid, wir haben uns aber alles sehr gut überlegt. Wir waren auch überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Es war uns bewusst, dass es am Anfang zu starken Bewegungen beim Wechselkurs kommen würde und dass es für die Wirtschaft keine einfache Situation sein wird. Wir mussten aber auch abwägen, was passieren würde, wenn wir diesen Entscheid nicht treffen. Wir sind zur Überzeugung gekommen, dass ein Aufschieben viel schlimmere Konsequenzen für die Schweiz und ihre Wirtschaft gehabt hätte. Ohne rechtzeitigen Entscheid hätten wir letztlich auch die Handlungsfähigkeit der Nationalbank aufs Spiel gesetzt.

Zwei Tage nach der Aufhebung des Mindestkurses machte BLICK Sie zum «Job-Killer der Nation». Wie sind Sie persönlich mit all dieser Kritik umgegangen?
Als Präsident der Nationalbank muss man damit leben, dass es Kritik gibt. Es gibt immer Leute, die mit der Geldpolitik der Nationalbank nicht einverstanden sind. Aber wir waren von Anfang an überzeugt, dass wir den richtigen Entscheid zum richtigen Zeitpunkt getroffen haben. Wenn man die Entwicklung in den letzten Jahren betrachtet, dann sieht man, dass die Beurteilung der Lage durch die Nationalbank richtig war und wir im Interesse der gesamten Schweiz gehandelt haben. Keine der damaligen düsteren Prognosen wie Massenarbeitslosigkeit, Rezession oder Deindustrialisierung ist eingetroffen. Die Schweizer Wirtschaft hat sich gut entwickelt, die Arbeitslosigkeit ist tief, die Exporte konnten sogar zulegen.

Was ist heute anders? Der Euro schwächelt immer mal wieder, aber das ist in der Wirtschaft kein Thema mehr.
Der Franken ist immer noch hoch bewertet. Darum ist unsere Geldpolitik mit dem Negativzins und der Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren, immer noch sehr wichtig. Aber die Situation hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich verbessert. Die Wirtschaft hat sich dank ihrer Flexibilität anpassen können und die expansive Geldpolitik hat sicherlich geholfen. Dazu kommt, dass die Inflation im Ausland in den letzten Jahren höher war als in der Schweiz. Das hat dazu beigetragen, dass der reale Wechselkurs nicht mehr so hoch ist wie kurz nach der Aufhebung des Mindestkurses.

Die Bilanz der Nationalbank ist riesig, die Negativzinsen so tief wie in keinem anderen Land. Hat die SNB noch Pfeile im Köcher, wenn die nächste Wirtschaftskrise kommt?
Wir haben jederzeit die Möglichkeit, die Zinsen noch weiter zu senken. Wir sind schon sehr weit gegangen, aber trotzdem bleibt uns der nötige Handlungsspielraum. Und wir können, wenn der Bedarf vorhanden ist, die Bilanz durch Interventionen weiter ausdehnen. Aber das ist ganz wichtig: Wir nehmen immer eine Güterabwägung vor, ob sich der Einsatz lohnt. Wenn wir zur Überzeugung kommen, dass es notwendig ist, um unseren Auftrag zu erfüllen, dann sind wir selbstverständlich bereit, unsere geldpolitischen Instrumente auch einzusetzen.

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