Der Schock kam im Doppelpack. Am 15. Januar 2015 hob die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Mindestkurs zum Euro auf. Eine Woche später, genau heute vor zwei Jahren, begann die SNB, Negativzinsen von –0,75 Prozent auf Guthaben zu verlangen, die Geschäftsbanken bei ihr parkieren – einen halben Prozentpunkt mehr als ursprünglich geplant.
Ein Zinssatz deutlich unter dem Niveau anderer Nationalbanken soll den Franken unattraktiv machen und vor Aufwertung schützen. Doch der Zürcher Ökonom Klaus Wellershoff (52) ist skeptisch: «Die Negativzinsen haben nicht abschreckend auf die Devisenmärkte gewirkt, sonst müsste die SNB wohl kaum ständig noch zusätzlich intervenieren.» Die Nachfrage nach Franken sei trotz Negativzins ungebrochen.
Einige Banken parkieren nicht weniger, sondern mehr Geld bei der SNB
Das zeigen auch die Geschäftsberichte der SNB. 2015 nahm sie durch den Negativzins 1,16 Milliarden Franken ein. Zahlen aus den ersten Quartalen deuten darauf hin, dass es 2016 sogar noch mehr gewesen sein könnte. Einige Banken parkieren also nicht weniger, sondern mehr Geld bei der SNB.
Die Luzerner Kantonalbank (LUKB) ist eines dieser Institute. Bei Einführung des Negativzinses musste die LUKB noch keinen Strafzins zahlen. Ihre Einlagen hatten noch nicht die Freibetragsgrenze von zehn Millionen Franken überschritten. Knapp anderthalb Monate später jedoch waren der LUKB so viele Gelder zugeflossen, dass sie Negativzins zahlen muss – aktuell etwa 300'000 Franken pro Monat.
Die Bank Julius Bär überwies in den ersten sechs Monaten letzten Jahres 14,2 Millionen Negativzinsen an diverse Nationalbanken, gut zehn Prozent mehr als im Vorjahrszeitraum. Die Privatbank verfolgt im Umgang mit Negativzinsen eine eigene Strategie. «Einen Teil trägt die Bank, einen Teil der Kunde und einen Teil der Kundenberater», so Bär-Sprecherin Evelyne Brönnimann.
Betriebsrisiko auf Bank-Angestellte abgewälzt
Sie will keine Details preisgeben. Nur so viel: «Kundenberater haben die Möglichkeit, innerhalb der Kundenbeziehung den Negativzins nicht weiterzugeben, sondern auf ihr Budget zu nehmen.» Bringt er Kunden nicht dazu, Geld anderweitig, etwa in Aktien, anzulegen, muss der Bär-Banker selber blechen.
Der Schweizerische Bankpersonalverband (SBPV) kritisiert, dass Berater damit in eine Zwickmühle geraten. «Denn ihre Stelle und ihr Gehalt hängen direkt von den Kundengeldern ab, die sie betreuen», so SBPV-Geschäftsführerin Denise Chervet (59). Ein Betriebsrisiko dürfe grundsätzlich nicht auf Mitarbeiter abgewälzt werden. Chervet: «Mit dieser Regelung geht Julius Bär aber eindeutig in diese Richtung.»
Der Rest der Schweizer Banken geht mit dem Negativzins anders um
Was Julius-Bär-Chef Boris Collardi (42) in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» einen «sehr kommerziellen Ansatz» nennt, bezeichnen andere Geldhäuser hinter vorgehaltener Hand als «absurd». Der Rest der Schweizer Banken geht mit dem Negativzins anders um.
Die Berner Kantonalbank nimmt Guthaben teils gar erst nicht an. Die Grossbanken UBS und Credit Suisse geben die Negativzinsen vereinzelt an grössere Kunden über Gebühren auf Guthaben weiter.
Der Negativzins von –0,75 Prozent auf Einlagen bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) soll ausländische Anleger davon abhalten, Geld in Franken in der Schweiz zu deponieren. Dadurch sinkt der Aufwertungsdruck. Firmen bekommen Kredite zu besseren Bedingungen. Die SNB will darum weiter am weltweit höchsten Negativzins festhalten. Die Dänische Nationalbank war vorübergehend gleichgezogen. Bei der Europäischen Zentralbank beträgt der Negativzins –0,4 Prozent.
Der Negativzins von –0,75 Prozent auf Einlagen bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) soll ausländische Anleger davon abhalten, Geld in Franken in der Schweiz zu deponieren. Dadurch sinkt der Aufwertungsdruck. Firmen bekommen Kredite zu besseren Bedingungen. Die SNB will darum weiter am weltweit höchsten Negativzins festhalten. Die Dänische Nationalbank war vorübergehend gleichgezogen. Bei der Europäischen Zentralbank beträgt der Negativzins –0,4 Prozent.