Sika-Erbe Urs Burkard streicht den aufständischen Verwaltungsräten den Lohn
Die Rache des Buh-Manns

Urs Burkard erntete gestern an der Generalversammlung der Sika von den Aktionären nur Buh-Rufe und Verachtung. Das lässt er nicht auf sich sitzen. Die abtrünnigen Verwaltungsräte müssen nun für das laufende Jahr ohne Lohn arbeiten.
Publiziert: 15.04.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:30 Uhr
Von Guido Schätti und Moritz Kaufmann

Das muss bitter sein. 105 Jahre haben die Familie Burkard und ihre Vorfahren die Geschicke der Bauchemie-Firma Sika bestimmt. Sie waren hoch geachtet, gar verehrt. Nun wird der Vertreter der jüngsten Generation an der Generalversammlung von den Aktionären ausgebuht.

«Es ist nicht einfach, heute vor Ihnen zu stehen», sagte Urs Burkard gestern in der Waldmannhalle in Baar ZG. Eine glatte Untertreibung. Burkard brandet eine Welle der Empörung entgegen. Er will besänftigen, die Familie habe ihre Verantwortung stets wahrgenommen, die Arbeitsplätze seien gesichert, sagt er. Doch er macht alles nur noch schlimmer. Niemand glaubt ihm.

«Das ist Enteignung!»

In einer Nacht- und Nebelaktion verscherbelte die Familie Burkard ihre Sika-Anteile Anfang Dezember an den französischen Konkurrenten Saint-Gobain. Mit 2,75 Milliarden Franken – 80 Prozent mehr als der Börsenwert – wollen sich die fünf Geschwister ihre Stimmenmehrheit von 56 Prozent vergolden lassen. Dabei besitzen sie nur gerade 16 Prozent des Kapitals.

Die Burkards haben die Rechnung aber ohne den Verwaltungsrat gemacht. Eine Mehrheit um Präsident Paul Hälg bekämpft den Deal. An der GV spielt sie den entscheidenden Trumpf aus: Sie beschneidet das Stimmrecht der Familie Burkard in den Traktanden, bei denen es um den Verkauf geht, auf fünf Prozent.

«Das ist eine Enteignung, ungeheuerlich für einen Rechtsstaat wie die Schweiz!», klagt Burkard. Die Rechte der Familie seien wohl erworben. Aus dem Publikum erntet er fast nur Buh-Rufe.

«Vertrauen missbraucht»

Burkard gibt dem Verwaltungsrat die Schuld am Zerwürfnis. Als Bruder Fritz in den Verwaltungsrat wollte, habe man ihm einen Sitz verweigert. Dass auch er selbst damals gegen den Bruder stimmte, erwähnt Urs Burkard wohlweislich nicht.

Aus dem Publikum meldet sich der frühere Verwaltungsratspräsident Walter Grüebler. Er geht hart ins Gericht mit Burkard: «Urs, du hast unser Vertrauen missbräuchlich ausgenutzt!» Der Verkauf sei ein Ver­stoss gegen Treu und Glauben.

Dann wird Grüebler richtig persönlich. Er bringt die verstorbenen Eltern von Urs Burkard und seiner vier Geschwister ins Spiel, Franziska und Romuald Burkard: «Aktionäre und Mitarbeiter fühlen sich von den Erben getäuscht und sind enttäuscht», sagt Grüebler. Und fügt an: «Wie enttäuscht wären erst Franziska und Romi Burkard?»

Kein Lohn für Hälg

Damit sind die Meinungen gemacht. Auch die übrigen Aktionäre laufen Sturm gegen den Deal. Sie befürchten, dass Saint-Gobain Sika ausweiden wird. «Sonst lässt sich der hohe Kaufpreis gar nicht rechtfertigen», sagt Mike Walden, der Vertreter der Investmentgesellschaft von Microsoft-Gründer Bill Gates.

In den Wahlen setzt sich der Verwaltungsrat durch. Hälg und die übrigen Mitglieder schaffen die Wiederwahl. Aber in den Punkten, in denen die Burkards voll abstimmen dürfen, bleiben sie knallhart. Sie verweigern den abtrünnigen Verwaltungsräten die Entlastung. Und sie streichen ihnen den Lohn für das laufende Jahr.

Hälg und seine Kollegen müssen also gratis arbeiten – das gab es noch nie in der Schweiz. Zudem folgt bereits am 24. Juli eine weitere GV. Dann sollen Hälg & Co. abgewählt werden.

Das zeigt: Freiwillig werden die Burkards niemals auf ihren Milliarden-Deal verzichten. Stoppen kann sie nur etwas: Wenn die Franzosen einen Rückzieher machen und die Burkards sitzen lassen.

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