Auf den ersten Blick sieht alles halb so schlimm aus. 141 131 Personen waren im April arbeitslos, knapp 4000 weniger als noch im März. Die Arbeitslosenquote sank dadurch um 0,1 Prozentpunkte auf 3,3 Prozent.
Auf den zweiten und dritten Blick ist die Situation weniger rosig. Denn gesunken ist die Arbeitslosigkeit nur aus saisonalen Gründen. Weil es wärmer wird, läuft die Wirtschaft im April in jedem Jahr besser als im März. Rechnet man diesen Effekt raus, stieg die Arbeitslosigkeit um 0,1 Prozentpunkte. Auch gegenüber dem April des Vorjahres hat die Schweiz heute mehr Arbeitslose.
Ungeschönte Arbeitslosen-Quote ähnlich hoch wie in Deutschland
Der Vorsprung auf andere Länder schmilzt dahin. Die Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) sind geschönt. Die Ausgesteuerten und die Teilnehmer an Arbeitslosenprogrammen werden ausgeklammert. Zählt man sie mit, wie das in der EU der Fall ist, liegt die Arbeitslosenquote wohl bei über vier Prozent. In diesem Bereich liegen auch die Nachbarn Deutschland und Österreich.
Bald könnten sie die Schweiz überholen. Denn seit dem Frankenschock steigt hierzulande die Kurzarbeit rasant an. Gemäss den jüngsten Angaben waren im Februar 3600 Personen in 400 Betrieben von Kurzarbeit betroffen. Im Vergleich zum Januar ist dies ein Anstieg um mehr als 50 Prozent.
Tausende Firmen wollen Stellen abbauen
Im Laufe des Jahres dürfte es noch dicker kommen. «Der Ausstieg der Nationalbank aus dem Mindestkurs hat gravierende Folgen. Allein in der Industrie dürften bis Ende Jahr rund 15 000 Arbeitsplätze verloren gehen», sagt Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Lampart stützt seine Prognose (siehe Grafik links) auf die jüngste Umfrage der ETH-Konjunkturforschungsstelle KOF. Von den befragten 9000 Firmen sagten deutlich mehr als die Hälfte, dass sie in nächster Zeit Stellen abbauen würden. Der von der KOF berechnete Beschäftigungsindikator ist auf den tiefsten Stand seit mehr als fünf Jahren gefallen. Damals war die Finanzkrise auf ihrem Höhepunkt.
Die KOF selber wollte keine absolute Zahl über den erwarteten Jobabbau nennen, ebenso das Basler Forschungsinstitut Bakbasel und das Seco.
Lampart ist mit seiner Prognose weit vorsichtiger als die Arbeitgeber. Bei Franken-Euro-Parität seien bis Ende Jahr «mindestens 40 000 Stellen» gefährdet, sagte Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt in einem Interview. «Nur die Geldpolitik kann das Problem lösen», sagt Lampart. Die Nationalbank müsse entschiedener gegen die Frankenstärke intervenieren. Konkret: «Sie muss ein aktives Kursziel verfolgen.»