Seit Anfang April müssen bei Siemens in Zug 1400 Angestellte 45 Stunden pro Woche arbeiten. Vorher waren es 40 Stunden. Stadler Rail von Peter Spuhler (56) hat die 45-Stunden-Woche im März eingeführt. Und das sind nur zwei von knapp 40 Firmen, die bislang die Arbeitszeiten verlängerten.
BLICK hat nachgerechnet. Seit dem Frankenschock am 15. Januar haben Schweizer Büezer über 370 000 Stunden zusätzlich geschuftet. Stunden, die direkt von der Freizeit abgehen. Und das ist noch konservativ kalkuliert. Einige Firmen wollten keine Details zu ihren neuen Arbeitszeiten liefern.
Zehntausende sind betroffen. Aber von ihnen hört man wenig Murren. Oft bieten Personalvertreter Hand zu Lösungen. Trotzdem beobachten die Gewerkschaften die Entwicklung mit Sorgen: «Diese Zahl zeigt, wie schnell die Unternehmen reagiert haben», sagt Daniel Lampart (46), Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Er sei darüber erschrocken. Für Lampart ist klar: «Es gibt einige Firmen, die gratis arbeiten lassen.» Solche also, die längere Arbeitszeiten nicht nötig hätten. Und wo die Angestellten keine Gegenleistung bekommen. «Das ist dann einfach eine Lohnkürzung», sagt Lampart.
Bestes Beispiel für ihn ist die Gemeinde Uzwil SG. Dort hat die Politik beschlossen, dass in der Verwaltung 44 statt 42 Wochenstunden gearbeitet wird – aus Solidarität mit Firmen, die das auch tun. «Das ist bösartig», sagt Lampart. Er kenne mehrere solche Fälle.
Roland Müller (51) ist anderer Meinung. Der Direktor des Arbeitgeberverbands (SAV) kommentiert: «Wenn so auf einen Stellenabbau verzichtet werden kann, ist allen geholfen: den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern.» Müller betont, dass in vielen Betrieben das Verständnis der Angestellten gross sei. «Für einen Unbeteiligten mögen solche Schritte unverständlich sein.» Aber es stehe ja auch nicht jeder vor der Situation, den Arbeitsplatz zu verlieren. Doch nicht immer machten die Angestellten freiwillig mit, sagt Lampart. «Bei einigen Unternehmen war es Erpressung.» Vor allem internationale Unternehmen drohten damit, die Jobs ins Ausland zu verschieben.
Wie lange dauert die Mehrarbeit? Für den SAV sind zusätzliche Arbeitsstunden eine vorübergehende Massnahme. Bis die Auftragsbücher abgearbeitet sind. Aber was kommt danach? Viele Betriebe wollen Ende Jahr prüfen, wie es weitergeht. Für Gewerkschafter Lampart ist klar: «Bleibt der Franken so stark überbewertet, werden wir einige Überraschungen erleben.» Sprich: Massenentlassungen. Die Büezer kämen vom Regen in die Traufe – von zu viel Arbeit zu gar keiner mehr.