Wenn heute die ersten Züge mit Tempo 250 durch den längsten Eisenbahntunnel der Welt rasen, brausen die Passagiere am tiefsten Bahnhof der Welt vorbei: Der Porta Alpina. Anhalten wird der Zug dort nicht. Denn der für Dutzende von Millionen Franken geplante Tiefbahnhof unterhalb von Sedrun GR fristet ein Dornröschenschlaf hinter Glasscheiben (BLICK berichtete).
«Es ist eine Schande», sagt der Gemeindepräsident von Sedrun, Beat Röschlin (61). «Man hat uns das Blaue vom Himmel versprochen.» Passiert sei gar nichts.
Rückblende. Um die Jahrhundertwende hatten die Tunnelbauer und Politiker eine kühne Vision: Eine Haltestelle in der Mitte des neuen Gotthard-Basistunnels. Der Baustollen des «Zwischenangriffs Sedrun» sollte nach dem Ende der Bauarbeiten als Liftschacht für einen unterirdischen Bahnhof ungenutzt werden.
Von dort aus sollten per Hochleistungslift Bewohner und Touristen ins 800 Meter höher gelegene Surselva-Dorf gelangen. Der Zugang hätte der Region eine bessere Anbindung an die Ballungszentren ermöglicht.
Die Dimensionen des geplanten Tiefbahnhofs auch heute noch eindrücklich: Vier Räume, jeder davon fast 40 Meter lang, 10 Meter breit und über 5 Meter hoch. Darin hätten etwa 250 Personen Platz gefunden. Die Bündner Regierung erhoffte sich wirtschaftliche Impulse von der unterirdischen Haltestelle. Sie liess sich das Projekt 20 Millionen Franken kosten.
«Bevölkerung für dumm verkauft»
«Die Baufirmen und Politiker haben die Bevölkerung für dumm verkauft», fährt Röschlin fort. Jetzt sei das Geld im Berg verlocht. «Die Schweiz ist eines der innovativsten Länder der Welt.» Da könne doch niemand behaupten, ein Projekt wie die Porta Alpina sei nicht zu realisieren.
Bund und SBB sahen das anders: Die Bahnverbindung zur Porta Alpina wäre nicht wirtschaftlich gewesen. 9 Millionen Franken an Subventionen hätte der Kanton Graubünden laut einer Studie jährlich in den Betrieb einschiessen müssen.
Röschlin sieht dennoch eine kleine Chance, dass der Tiefbahnhof irgendwann noch fertiggestellt wird. «Die Infrastruktur ist vorhanden.» Vielleicht können einst künftigen Generationen davon profitieren. «Die Bevölkerung von Sedrun kämpft jedenfalls weiter für ihren Zugang.»