Dicke Post zum Jubiläum. Die Schweizer Skigebiete feiern gerade 150 Jahre Wintertourismus. Ausgerechnet jetzt müssen sie sich härteste Kritik anhören.
Nicht nur österreichische Konkurrenten wie Ischgl-Tourismusdirektor Andreas Steibl, sondern auch zahlreiche Blick.ch-Leser werfen ihnen vor unfreundliche Gastgeber zu sein.
Das lässt der oberste Bündner Hotelier Ernst Wyrsch (53) nicht auf sich sitzen. Er schiesst zurück: «Die Selbstzerfleischung ist die Lieblingsdisziplin der Schweizer geworden.»
Wyrsch kann nicht verstehen, dass so viele Schweizer nach einer solchen Provokation aus Österreich lieber mitkritisieren, anstatt das Positive zu sehen. «Jedes Hotel bei uns kann es locker mit jenen in Österreich aufnehmen», sagt er. Und überhaupt: «Ischgl ist für mich Ballermann.»
Günstiger aber nicht qualitativ besser
Haben die Schweizer Touristen eine verzerrte Wahrnehmung? Da könnte durchaus etwas dran sein. Tourismus-Professor Christian Laesser (51) hat in Umfragen Erstaunliches herausgefunden: «Wenn Schweizer in Österreich Ferien machen buchen sie systematisch eine Sterne-Kategorie höher als in der Schweiz», sagt Laesser.
Darum seien sie in Österreich zufriedener als in der Heimat. Möglich macht dies das deutlich tiefere Preisniveau: Eine Woche Skiferien im Tiroler 4-Sterne-Hotel kostet etwa gleich viel wie in einem Bündner 3-Sterne-Hotel. In Österreich sind Lebensmittel, Löhne, Baubewilligungen und Bauland deutlich günstiger als bei uns.
Im Ausland geben wir mehr Geld aus
Kurioser Nebeneffekt: Schweizer Touristen geben in Österreich mehr Geld aus als in der Schweiz. Die Studie Reisemarkt Schweiz aus den Jahren 2004 und 2007 zeigen, dass wir während den Ferien im Nachbarland 210 Franken pro Tag ausgeben. In der Schweiz sind es lediglich 176 Franken.
«Man gibt sich der Illusion hin, dass wir mehr Geld ausgeben können, wenn alles billiger ist als zu Hause», interpretiert Laesser. Am Ende geben wir aber mehr aus.
Wie kommt es denn, dass viele in der Schweiz die hohen Preise kritisieren? Laesser schliesst daraus, dass die Diskussion um die Freundlichkeit im Tourismus «völlig unspezifisch» geführt wird.