Wer auf Sicherheit Wert legt, nutzt ProtonMail. Das weiss man auf der ganzen Welt. Doch der Genfer Anbieter eines verschlüsselten Mail-Programms hatte jüngst massiv Gegenwind – vom Tech-Giganten Google. Grund: Die Suchmaschine hat den Mail-Anbieter zeitweise aus seinen Resultate-Listen verbannt. Dies schreibt Firmengründer Andy Yen in seinem Blog. Titel «Search Risk – How Google Almost Killed ProtonMail» (Risiko Suche - Wie Google ProtonMail fast gekillt hätte).
Alles begann im Frühling 2015. ProtonMail war damals seit einem Jahr online und erfreute sich über immer grösserer Beliebtheit. Medien aus aller Welt berichteten über das Unternehmen, das CERN-Forscher gegründet hatten.
Plötzlich bei Google verschwunden
Doch Google wollte nichts davon wissen. Wer nach «secure email» (sichere E-Mail) oder «encrypted email» (verschlüsselte E-Mail) suchte, fand vieles. Nur ProtonMail nicht. Ein paar Monate zuvor war das noch anders: Damals tauchte das Genfer Unternehmen an prominenter Stelle auf, wenn die erwähnten Suchbegriffe eingegeben wurden.
Intensive Tests zeigten: Goolge hatte das Startup verbannt. Während das Unternehmen auf Yahoo und Bing auf den vorderen Rängen auftauchte, spuckte der Suchmaschinen-Platzhirsch nichts aus (siehe Tabelle). Experten fanden für das Phänomen keine Erklärung. Darum wandten sich die Genfer direkt an den Suchmaschinenbetreiber.
«Wir haben Hunderttausende Franken verloren»
Die Reaktion: Nichts. Erst nachdem sich ProtonMail auf Twitter öffentlich beschwerte, reagierte der Konzern – auch Dank den ProtonMail-Nutzern, die Google mit Twitter-Nachrichten zu einer Antwort drängten. Insbesondere war es Matt Cutts, der damals das Google-Webspam-Team leitete. Er nahm sich der Sache an.
Und siehe da: Plötzlich waren die Genfer bei den Google-Suchresultaten wieder ganz oben. Der Konzern meldete, dass «etwas behoben» worden sei. Details verschwieg der Konzern allerdings.
Ende gut, alles gut? Nicht ganz. ProtonMail beklagt, dass das Wachstum der Nutzer wegen der Google-Verbannung in den letzten zehn Monaten um 25 Prozent reduziert wurde. «Zuvor verdienten wir Geld, nach der Google-Blockade mussten wir sparen und unsere Notreserven anzapfen», schreibt Andy Yen. «Wir haben in dieser Zeit mehrere Hunderttausend Franken verloren.»
BLICK hat Google Schweiz mit dem Fall konfrontiert - dort hörte man aber zum ersten Mal vom Problem. Etwas mehr Glück hatten die Kollegen des deutschen Techportals «Golem.de», die in der gleichen Sache recherchierten. Ihnen sagte der Sprecher von Google Deutschland: «Den Vorwurf, wir würden konkurrierende Services in unseren Suchergebnissen unterdrücken, kann ich nicht nachvollziehen», schreibt Googles Pressesprecher in Deutschland. «Das tun wir nicht.»
Unbestritten: Niemand wird gezwungen, über Google zu suchen. Alternativen gibt es genug. Trotzdem hat die US-Suchmaschine hierzulande 94 Prozent Marktanteil. Wenn der Konzern also Firmen ausschliesst – ob bewusst oder nicht – hat das spürbare Auswirkungen. Denn machen wir uns nichts vor: was man auf Google nicht findet, gibt es nicht.
Matt Cutts arbeitet übrigens mittlerweile nicht mehr bei Google.