Schweizer Lösung soll Vertrauen schaffen
Ein Fair-Trade-Label für die digitale Wirtschaft

Die digitale Wirtschaft boomt, ist aber noch kaum reguliert. Das soll sich ändern. Eine Genfer Stiftung will ein Qualitätslabel für vorbildliche Firmen entwickeln.
Publiziert: 21.01.2020 um 21:57 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2020 um 11:54 Uhr
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Bundeskanzler Walter Thurnherr, Finanzminister Ueli Maurer, Yves Flückiger (Rektor Universität Genf), Joël Mesot (Präsident ETH Zürich), Martin Vetterli (Präsident ETH Lausanne), Niniane Paeffgen (Direktorin SDI). Hinten, v. l.: Ivo Furrer (Präsident digitalswitzerland), Aussenminister Ignazio Cassis, Marc Walder (Gründer digitalswitzerland und CEO Ringier), Antonio Hodgers (Regierungsrat Genf), Doris Leuthard (alt Bundesrätin und Präsidentin SDI), Urs Rohner (Präsident der Credit Suisse).
Foto: STEFAN BOHRER
Christian Kolbe und Guido Schätti

Vertrauen ist die wichtigste Währung in der digitalen Welt. Vertrauen darauf, dass sich hinter einer Website ein seriöser Anbieter verbirgt. Vertrauen darauf, dass das bestellte Paket auch ankommt, die bezahlte Dienstleistung auch tatsächlich erbracht wird.

Doch Vertrauen ist in der digitalen Welt Mangelware. Der US-Multi Facebook gab sensible Nutzerdaten an skrupellose Drittfirmen weiter, die diese für politische Propaganda nutzten. Auch andere Firmen betrachten Datenschutz eher als Hindernis denn als Verpflichtung. Von den wirklich Kriminellen, die sich im Netz tummeln, ganz zu schweigen.

Doris Leuthard ist Schirmherrin der Initiative

Eine in Genf lancierte Initiative will dies ändern. Die Swiss Digital Initiative Foundation (SDI) will ein Label für die digitale Welt entwickeln – ein Qualitätssiegel, das für faire Praktiken bürgt.

In Davos stellten die Initianten das Projekt am Rande des WEF vor. «Was wir wollen, ist schwierig, aber möglich», sagte SDI-Präsidentin Doris Leuthard (56). «Das Ziel ist, Vertrauen zu bilden und Orientierung zu schaffen.»

Leuthard schwebt ein Label mit verschiedenen Stufen vor – vom Basis- bis zum Gold-Standard. «Firmen sollten die Möglichkeit haben, sich über die Jahre zu verbessern.»

Ins Leben gerufen wurde das Projekt vor gerade mal drei Monaten von Ringier-CEO Marc Walder (54), der auch Gründer von digitalswitzerland ist. Genf habe man wegen der beispiellosen Präsenz von internationalen Organisationen gewählt.

Globale Schwergewichte machen mit

Die Resonanz ist beachtlich: Von 40 angeschriebenen Firmen antworteten 40, darunter auch globale Schwergewichte wie Microsoft und Booking.com. «Es ist begrüssenswert, dass die Schweiz die Initiative ergreift», so Booking.com-Chefin Gillian Tans (49). Ein solches Label bringe Vorteile für Kunden, aber auch für die verantwortungsvollen Firmen.

Regulierung in der digitalen Welt sei dringend nötig, sagte Microsoft-Präsident Brad Smith (61). Die neuen Technologien bedeuteten zwar enorme Vorteile für Kunden und Bürger, aber auch enorme Gefahren. «Man muss nur mal daran denken, welche politischen Folgen es hat, wenn ein diktatorisches Regime über Techniken zur Gesichtserkennung verfügt.»

Sicherheitsbedenken sind schlecht fürs Geschäft

Mangelndes Vertrauen sei auch für die Firmen schlecht, sagte Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner (60). «Sicherheitsbedenken der Kunden hemmen digitale Transaktionen.» Ein Label könnte den Kunden die Ängste nehmen.

Noch stehen die Bemühungen erst am Anfang. Im März starten erste Tests, in der zweiten Jahreshälfte werden diese ausgeweitet. Bis sich Digitalfirmen mit dem Fair-Trade-Label schmücken können, dauert es noch bis mindestens Anfang 2021.

WEF 2020

Vom 21. bis 24. Januar findet wieder das World Economic Forum (WEF) in Davos statt. Rund 2500 internationale Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft treffen sich zum Austausch.

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