Schweizer haben Alternativen
10 Gründe: Darum wirds mit Netflix nix!

Der US-Flatrate-Riese Netflix enttäuscht. In einer Umfrage zeigt sich, dass nur rund 3 Prozent der Schweizer ein Abo gelöst haben. Es sind wahrscheinlich noch weniger.
Publiziert: 11.02.2015 um 09:38 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:45 Uhr
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Netflix-Gründer Reed Hastings anlässlich des Netflix-Starts in Zürich.
Foto: Keystone
Von Philipp Albrecht

Netflix schweigt eisern. Konkrete Nutzerzahlen pro Land gibts nur aus den USA. Dort ist bekannt, dass jeder dritte Haushalt mit TV-Anschluss ein Netflix-Abo hat.

Der Online-Vergleichsdienst Comparis wollte wissen, wie das Interesse in der Schweiz ist. Resultat: Bei uns haben nur 3 von 100 TV-Konsumenten ein Abo. «Ernüchternd» sei das, schreibt Comparis.

Dabei ist noch fraglich, ob die Umfrage überhaupt präzis genug ist. Mit 1200 Befragten ist sie zwar offiziell repräsentativ. Doch davon haben nur 38 gesagt, dass sie Netflix-Kunden seien.

«Pctipp.ch» zitiert dazu einen Statistiker: «Aufgrund der kleinen Fallzahl lässt sich keine gültige Aussage ableiten.» Für eine verlässliche Aussage müssten rund 200 Personen die Netflix-Frage mit Ja beantworten.

Im September 2014 startete Netflix in Deutschland, Belgien, Österreich, Frankreich, Luxemburg und der Schweiz. In diesen Ländern konnte der Streaming-Dienst nur gerade 2,4 Millionen neue Kunden ins Boot holen, wie der «Letter to the shareholders» von Mitte Januar 2015 zeigt. In der Schweiz alleine gibt es 3,5 Millionen Haushalte mit TV-Anschluss. Sehr wahrscheinlich ist der Nutzer-Anteil also noch tiefer als 3 Prozent.

Nun wird viel darüber spekuliert, warum Netflix bei uns noch nicht angekommen ist. Blick.ch führt die zehn wichtigsten Gründe auf.

1. Der hohe Preis. Schweizer zahlen für das Basis-Abo 11.90 Franken. In keinem anderen Land ist Netflix so teuer. In Deutschland gibts Netflix bereits ab 8 Euro. In Norwegen, wo das Preisniveau mit dem der Schweiz vergleichbar ist, kostet das günstigste Angebot 11.60 Franken. Zum Vergleich: Ein Abo des Musikdienstes Spotify kostet in Norwegen zwölf Prozent mehr als in der Schweiz.

2. Überstürzter Start. Netflix hat viele potentielle Abonnenten im deutschen Sprachraum brüskiert. Die beliebteste Eigenproduktion «House of Cards» mit Kevin Spacey in der Hauptrolle wird hier zuerst beim Konkurrenten Sky gezeigt. Warum? Als Netflix die Rechte für den deutschsprachigen Raum verkaufte, wusste man noch nichts von der Expansion nach Deutschland, Österreich und die Schweiz. Netflix-Kunden müssen jetzt warten, bis alle Folgen beim Konkurrenten gezeigt wurden. Ein Hohn!

3. Runterladen ist nicht verboten. Weiterhin wird in der Schweiz niemand bestraft, wenn er geschützte Werke aus dem Internet zieht. Anbieter solcher Portale gibt es viele. Warum also 12 Stutz zahlen, wenn es das Ganze (und noch viel mehr) umsonst gibt?

4. Spärliches Filmangebot. Bei Serien ist Netflix ja ganz gut. Nicht so bei Filmen. Neuere Streifen sucht man vergebens. Klassiker sind rar. Ein Test von «handelszeitung.ch» zeigt: Die Kategorie «oscarprämierte Filme» beinhaltet 31 Titel und aus den Top 25 der Internet-Filmdatenbank IMDB finden sich nur die drei Titel «Inception», «Matrix» und «Se7en».

5. Keine Schweizer Extras. In den meisten neuen Ländern hat sich Netflix viel Mühe gegeben und Produktionen von dort ins Programm genommen. In Deutschland zum Beispiel die grandiose Wissenschaftsshow «Nicht nachmachen» oder die Sitcom «Pastewka». Schweizer Produktionen? Null. Von Blick.ch im September darauf angesprochen, sagte Netflix-Gründer Reed Hastings: «Wir haben Heidi!» Gemeint war allerdings eine deutsch-britische Trickfilm-Adaption aus dem Jahr 2005. Und dafür sollen wir in der Schweiz so viel mehr bezahlen als alle anderen?

6. Starke Konkurrenz. Swisscom und Cablecom reagierten schnell. Als Netflix schon im Frühling 2014 den Start für die Schweiz ankündigte, stiegen sie in die Hosen. Swisscom lancierte Teleclub Play und Cablecom MyPrime. Um es nutzen zu können, mussten bestehende Kunden nichts oder nur wenig draufzahlen. Cablecom zeigt sogar den «Bestatter» und liess eine eigene Sitcom («Fässler-Kunz») produzieren. Swissness pur!

7. Replay hilft. Die meisten TV-Anbieter haben das im Angebot: Kunden können die Zeit um bis zu einer Woche zurückdrehen, um Verpasstes anzuschauen. «Features wie Replay-TV ist eine Schweizer Spezialität und wird so in den USA nicht angeboten», sagt Ralf Beyeler TV-Experte bei Comparis.

8. Abwarten und Tee trinken. Wir sind ja bekannt dafür, nichts zu überstürzen. Viele TV-Konsumenten dürften sich bei Netflix gesagt haben: Warten wir erst mal ab, wie sich das entwickelt. Keine schlechte Idee, denn Netflix führte seine Europa-Expansion ziemlich überstürzt aus (siehe Punkt 2). Das Angebot entwickelt sich sehr dynamisch. Seit dem Start im September sind zahlreiche neue Serien und Filme ins Programm aufgenommen worden.

9. Sport fehlt. Damit trumpft vor allem Teleclub Play auf. Dort werden zahlreiche Sportveranstaltungen gezeigt. «Mit Teleclub Play können Sie die grössten Momente des Sports noch einmal erleben», schreibt die Swisscom auf ihrer Website. Netflix hat nichts dergleichen.

10. Fehlendes Interesse. Die Studie Smart-TV Effects zeigt Erstaunliches. Nur gerade 27 Prozent der Deutschen, die einen Smart-TV besitzen, haben diesen mit dem Internet verbunden. In Österreich sind es 37,5 Prozent. Auch wenn die Umfrage in der Schweiz nicht durchgeführt wurde: Bei uns dürfte der Anteil nicht viel höher sein. Möglich, dass die meisten TV-Konsumenten einfach kein Interesse haben, Filme und Serien zu streamen.

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