Die ganze Welt ist auf Youtube. Pro Minute kommen 400 Stunden Videomaterial dazu – und längst nicht nur Tier-, Koch- und Musikvideos. Heute tummeln sich zahlreiche Firmen auf dem Videoportal.
Auch aus der Schweiz, wie eine Umfrage von BLICK unter grossen Schweizer Unternehmen zeigt. Resultat: Alle haben einen Youtube-Kanal. Nespresso, Swisscom, Swiss Life und die Post bereits seit 2006 – rund ein Jahr nach dem Start der Videoplattform.
«Webvideos sind heute für alle Unternehmen Pflicht. Besonders für diejenigen, die sich an den Endkonsumenten richten», sagt Ursula Stalder (50), Professorin für Onlinemarketing an der Hochschule Luzern. Grund: Für viele Nutzer ist die Google-Plattform das Tor zum Internet. «Die Unternehmen müssen aber versuchen, die Leute von Youtube auf die eigene Plattform zu bringen», sagt Stalder.
Mehr als Werbespots
Die meisten Firmen zeigen auf Youtube Werbespots und Imagefilme. Mittlerweile wissen aber auch viele Unternehmen, dass man damit nicht den nächsten Internet-Hit landet.
So präsentiert die Credit Suisse ihre Studien heute mit schicken Videos, Lidl und Migros zeigen Fitnessübungen, und die Swisscom produziert für die Webplattform sogar eine Serie. Ein Jux? Keineswegs! «Jüngere Kunden können über klassische Werbung kaum mehr erreicht werden», sagt Swisscom-Sprecher Armin Schädeli.
Nespresso ist der Youtube-König der Schweizer Wirtschaft: Die 1359 Clips des Kaffeeherstellers wurden über 168 Millionen Mal angeguckt. Damit schafft es das Unternehmen auf Platz 11 in der Schweiz – knapp hinter den Youtube-Stars Julia Graf und Adrian von Ziegler.
Klicks dank Werbung
Ein Grund für Nespressos Erfolg könnte sein, dass einige Clips als Werbung vor anderen Youtube-Filmen abgespielt werden. Überspringt der Nutzer das Video nicht gleich, wird ein Aufruf verbucht. Die Zahl der Aufrufe schiesst in die Höhe, obwohl niemand den Film bewusst angewählt hat.
Die Unternehmen geben keine Auskunft, wie viel sie für Youtube-Werbung ausgeben. Für die Google-Tochter lohnt sich das Geschäft auf jeden Fall. Analysten schätzen, dass die Plattform letztes Jahr umgerechnet rund sechs Milliarden Franken umgesetzt hat.
Wem Werbung zu teuer ist, kann mit Tricks auf Youtube durchstarten. Dubiose Händler verkaufen im Netz Klicks. 16'000 Videoaufrufe gibts auf Ebay bereits für nur 16 Dollar. Wird ein Video häufig aufgerufen, erscheint es in populären Youtube-Kanälen automatisch. Etwa bei «beliebt auf Youtube» mit fast 130'000 Abonnenten.
«Irgendwann fliegt jeder auf»
Eine dreiste Methode, um Nutzer zu erreichen. Wenig überraschend, sprechen sich die meisten Schweizer Unternehmen dagegen aus. Nur Kuoni gibt zu, bereits Klicks gekauft zu haben. Marketingexpertin Ursula Stalder rät davon ab: «Irgendwann fliegt jeder auf.»
So auch der Reiseveranstalter. Dafür gab es von den Youtube-Usern Schelte. Ob Kuoni eine Ausnahme ist? Viele Klicks haben auch Videos von Swatch und Lidl. Wie es dazu gekommen ist, wollen die Firmen nicht sagen.