«Jammern nützt nichts und bringt dich nicht weiter»
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CEOs am SEF:«Jammern nützt nichts und bringt dich nicht weiter»

Schweizer CEOs am SEF über Lieferketten und Konjunktur
«Stahl knapp», «Leder teuer», «toxischer Cocktail»

Der Schweizer Wirtschaftselite in Interlaken BE den Puls zu fühlen, ist gar nicht so einfach. Optimismus schimmert immer noch durch, dunkle Wolken am Wirtschaftshorizont sorgen aber für Verunsicherung.
Publiziert: 03.06.2022 um 19:45 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2022 um 20:11 Uhr
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Grösstenteils im Schönwettermodus: Stelldichein der Schweizer Wirtschaftselite am SEF in Interlaken.
Christian Kolbe

Am Freitagmittag entlädt sich ein kurzes Gewitter über dem Swiss Economic Forum (SEF) in Interlaken BE. Doch der Regenguss ist weit entfernt vom «perfekten Sturm», den viele renommierte Ökonomen über die Weltwirtschaft hereinbrechen sehen. Und wie das Wetter ist auch die Stimmung bei den von Blick befragten CEOs – durchzogen.

Die meisten Wirtschaftsführer geben sich noch optimistisch, auch wenn das Wort «Verunsicherung» in den meisten Aussagen mitschwingt. Konkrete Probleme gibts erst beim Insistieren.

Eine Erfahrung, die auch Johannes Teyssen (62), Präsident des Stromkonzerns Alpiq, macht: «Die Schweizer KMU agieren aus einer Position der soliden Stärke. Einzig von Lieferengpässen erfährt man immer wieder im Gespräch. Doch dafür muss man schon zweimal nachfragen.»

Grosse Herausforderungen

Auch Martin Hirzel (52), Präsident des Branchenverbandes Swissmem spricht von einem guten Jahresauftakt, warnt aber vor den kommenden Monaten: «Die Verunsicherung hat enorm zugenommen, wir haben einen toxischen Cocktail aus Krieg, Lieferkettenengpässen, Inflation und der Situation in China.»

Nina Müller (52), CEO von Jelmoli ist noch im Schönwettermodus unterwegs: «Wir bleiben optimistisch, sind gut ins Jahr gestartet, haben einen fantastischen Mai hinter uns. Wir müssen agil auf die Herausforderungen reagieren und hoffen, dass die Preissteigerungen im Rahmen bleiben.» Ähnlich klingt es bei Jura-Chef Emanuel Probst (65). «Die Geschäfte laufen nach wie vor gut, wir sehen aber eine Verunsicherung, je mehr wir Richtung Osteuropa kommen. In Polen, Tschechien und den baltischen Staaten ist das Wachstum eingebrochen.» In den USA dagegen verkauften sich die Jura-Kaffeemaschinen immer noch wie warme Weggli.

Mangelware Stahl

Ebenso wie Badewannen in der Schweiz. Das sagt Beat Wullschleger (46), Mitinhaber und Geschäftsführer der Wilhelm Schmidlin AG, einziger Bade- und Duschwannen Produzent in der Schweiz. «Wir sind grundsätzlich optimistisch, stehen aber vor grossen Herausforderungen. Schon im letzten Jahr hat uns der Anstieg der Stahlpreise zu schaffen gemacht, und nun kommen noch die steigenden Strom- und Gaspreise dazu.» Denn für die Produktion der emaillierten Stahlwannen braucht es viel Energie.

Stahl macht auch Monika Walser (57) zu schaffen, Chefin von de Sede, die ihre Firma immer noch auf gutem Weg sieht: «Stahl ist knapp, Leder teuer. Das führt zum Beispiel dazu, dass fixfertige Sessel nicht ausgeliefert werden können, weil die Stahlfüsse fehlen.»

Und Veloproduzent Thomas Binggeli (48) ergänzt: «Wir stehen vor grossen Herausforderungen, haben aber die Lieferketten besser im Griff als noch vor Jahresfrist. Ich hoffe daher, dass wir gut durch den aufziehenden Sturm kommen.» Ein Sturm, der dann eben in der Schweizer Wirtschaft kein Unwetter, sondern vielleicht nur ein Platzregen ist.

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