Die Schweizer Börse legte – im Einklang mit anderen Weltbörsen – einen fulminanten Start ins neue Handelsjahr aufs Parkett. Kurz vor Handelsschluss am Freitagabend war es so weit, der Leitindex SMI markierte bei der Marke von 9558 Punkten ein neues Allzeithoch.
Die Schweizer Börse schien von der Rekordjagd etwas überrumpelt. Das grosse Display am neuen Hauptsitz der Schweizer Börse beim Zürcher Hardturm versagte zunächst einmal den Dienst, erst nach einigen Bemühungen gelang es, den Kursverlauf korrekt anzuzeigen und den historischen Moment auch bildlich festzuhalten. Über zehn Jahre brauchte der SMI, um die alte Rekordmarke aus dem Jahr 2007 zu knacken – und um die Verluste im Nachgang der Finanzkrise wieder wettzumachen.
Tiefe Zinsen machen Aktien attraktiv
Die Gründe für die Rekordjagd: tiefe Zinsen, die Aktien besonders attraktiv erscheinen lassen, die Geldschwemme der Notenbanken und eine Weltwirtschaft, mit der es 2018 so richtig aufwärtsgehen soll. Davon profitieren auch viele Schweizer Unternehmen.
Reto Huenerwadel (51) ist Anlagechef der Hypothekarbank Lenzburg. Das Erreichen der letzten Rekordmarke erlebte er damals hautnah mit, im grössten Handelsraum der Schweiz bei der UBS in Opfikon ZH: «2007 war die Stimmung viel euphorischer, es war noch viel mehr Geld in den Märkten, die wenigen warnenden Stimmen wurden ignoriert.» Heute seien die Investoren vorsichtiger, vergleicht Huenerwadel die Situation von damals und heute.
Der Ökonom und Unternehmensberater Klaus Wellershoff (53) sieht dagegen beunruhigende Parallelen: «Damals wie heute macht sich eine Art Realitätsverweigerung an den Märkten breit. Inflationsgefahren werden ausgeblendet, viele glauben, die Notenbanken werden es schon wieder richten.»
Irgendwann steigen die Zinsen wieder
Nach dem Rekord ist also vor dem Crash? Nicht unmittelbar, beide Experten sind der Meinung, dass die Rekordjagd noch eine Weile anhalten könnte: «Die Marke von 10'000 Punkten liegt in den nächsten Monaten durchaus drin. Es lohnt sich im Moment noch, in Aktien investiert zu bleiben», so Wellershoff. Auf eine genaue Zahl möchte sich Huenerwadel nicht festlegen, es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Rekordmarke falle. «Börsenindizes sind dazu verdammt, neue Höchststände zu erklimmen. Dazwischen aber kann es immer kleine Korrekturen geben.»
Diese Korrekturen müssten Anleger noch nicht beunruhigen. Da aber die Zinsen irgendwann wieder steigen – und Aktien dadurch unattraktiver – werden, sollten sich Investoren schon mal überlegen, was sie mit ihrem Geld anfangen wollen, wenn sie aus Aktien rausgehen, rät Wellershoff. Und Huenerwadel warnt davor, jetzt noch in Einzeltitel einzusteigen. Diese seien bei diesen Kursen zu teuer – und das Frustrationspotenzial entsprechend hoch. Grundsätzlich seien Aktien aber immer ein gutes Investment, solange das Portfolio breit gestreut sei.