Schweizer Banken plötzlich im Visier – was ist da nur los?
In den nächsten Tagen kommen die Ami-Kontrolleure vorbei

In den nächsten Tagen besuchen Beamte der US-Finanzaufsicht SEC Banken und Finanzfirmen in der Schweiz. Das hat einen besonderen Grund.
Publiziert: 22.08.2024 um 13:39 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2024 um 16:28 Uhr
SEC-Chef Gary Gensler hat es auf Schweizer Banken abgesehen.
Foto: imago/Sipa USA
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Stefan Barmettler
Handelszeitung

Eine Handvoll Beamte der US-Börsenaufsicht SEC werden in den nächsten Tagen in der Schweiz unterwegs sein. Sie prüfen, ob Schweizer Vermögensverwalter wie Vontobel, Pictet, Kaiser Partner oder Bellecapital ihre Vorschriften pflichtschuldig einhalten. Denn diese Finanzdienstleister betreuen US-Kundschaft aus der Schweiz heraus, und dazu unterhalten sie eigene Einheiten, die der Kontrolle der US-Börsenaufsicht unterstehen. So macht die SEC nun seit Jahren wieder von ihrem Recht der Vor-Ort-Kontrolle Gebrauch.

Der Besuch in der Schweiz soll sich verzögert haben, weil es Klärungsbedarf mit der Finma gab. Die Berner Behörde muss den Amerikanern die Bewilligung erteilen, um hierzulande Banken mit Vor-Ort-Besuchen durchkämmen zu dürfen. Diskussionspunkte seien das Bankkundengeheimnis und der Datenschutz gewesen, der hierzulande viel enger gehandhabt wird als in den USA.

Zudem will die Finma über die Aktionen der US-Behörde informiert werden, und die Dokumente über die Bankkundschaft dürfen nicht mitgenommen werden. Schliesslich erteilte die Finma Mitte Juli grünes Licht für die Revisionen in der Schweiz, wie einem Schreiben an die Banken zu entnehmen ist. Auf Anfrage meint die Finma: «Wir äusseren uns generell nicht zu allfälligen Prüfungen von ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden.»

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Die angekündigten Beamten aus der SEC-Abteilung Division of Examinations nehmen sich Vermögensverwalter vor, die mit einer SEC-Lizenz die Vermögen von US-Bürgern und -Bürgerinnen in den USA und in der Schweiz verwalten. Die Registered Investment Advisors (RAIs) mussten vor den Besuchen bereits einen umfassenden Fragebogen der US-Behörden ausfüllen, anschliessend folgen persönlich Besuche; dort werden Kundenlisten und Dokumentationen kontrolliert und die Einhaltung der Vorschriften geprüft. Wer sich nicht akribisch an die Regeln hält, kriegt Ärger – es drohen saftige Bussen oder gar der Entzug der SEC-Lizenzen.

SEC sieht auch nicht alles

Der Besuch der Amerikaner ist aussergewöhnlich. Es sei das erste Mal nach zwanzig Jahren, dass diese auftauchen, sagt ein Betroffener. Die US-Aufseher seien sehr akribisch, erzählt ein anderer. «Jede Untersuchung ist individuell zugeschnitten auf den Vermögensverwalter», so Martin Straub vom Compliance-Berater Aviolo.

Die Kosten ihrer Prüfungen übernimmt die SEC selber, dies im Gegensatz zur Finma, die ihren Prüfaufwand jeweils den Banken auferlegt. Allerdings entgeht auch der mächtigen SEC manches: Zum Beispiel hat die Aufsicht über Jahre und trotz Audits nicht gemerkt, dass Vermögensverwalter Bernie Madoff ein Milliardenbetrüger ist. Auch beim Untergang der Kryptobörse FTX war die Aufsicht lange untätig.

Diese Banken sind im US-Business aktiv

Marktführer in der Schweiz im Geschäft mit vermögender US-Kundschaft, das unter der Aufsicht der SEC steht, dürfte Pictet sein. Die Genfer Bank hat erst vor einem halben Jahr den Steuerstreit mit der US-Justiz mit 122,9 Millionen Dollar begradigt – davon war allerdings die Pictet North America Advisors, die Anlaufstelle der US-Bürgerinnen und -Bürger, nicht betroffen.

Zweitstärkster Player ist wohl Vontobel, welche das SEC-regulierte US-Vermögensverwaltungsportfolio von Lombard Odier (2018) und von der UBS (2020) übernommen hat. Das Geschäft mit reichen Amerikanerinnen und Amerikanern gilt als sehr aufwendig, aber auch als lukrativ. Nach der umfassenden Revision in der Schweiz hoffen die Vermögensverwalter, dass ihnen das Siegel Rückenwind verschafft auf der Jagd nach neuer Kundschaft.

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