Gestern ging UBS-Chef Sergio Ermotti (56) in die Offensive. Und rief seine Branche zur Kooperation auf. «Wir müssen Wege finden, um die Kosten nachhaltig zu reduzieren», sagte er zu BLICK. Seine Idee: Die Banken bündeln die Kräfte. Verwaltung und Abwicklung – das sogenannte Backoffice – werden zusammengelegt. Vorne durch bleiben die Banken Konkurrenten. Hinter den Kulissen arbeiten sie zusammen. Ein revolutionärer Vorschlag, mit dem Ermotti bei seinen Kollegen offene Türen einrennt. So schrieb Julius-Bär-CEO Boris Collardi (42) jüngst in einem Editorial: «Grosses Potenzial zur Effizienzsteigerung der Branche sehe ich in einer möglichen verstärkten Zusammenarbeit der Banken untereinander.» Nichtkonkurrierende Aktivitäten sollen ausgelagert und zusammengelegt werden. «Das kann die Qualitätsstandards in der Industrie steigern», ist Collardi überzeugt.
Laut Experten ist es fünf vor zwölf. «In zehn Jahren werden wir zurückblicken und uns fragen: Warum hat man so lange zugewartet?», sagt Bankenprofessor Maurice Pedergnana (51) von der Hochschule Luzern. SonntagsBlick erreicht ihn in China. «Asiatische Banken holen auf. Die haben extreme Volumina und sind deshalb automatisch in einer besseren Ausgangslage.» Professor Pedergnana ist überzeugt: «Wenn die kleine Schweiz sich nicht zur Zusammenarbeit aufraffen kann, verliert sie den Anschluss.»
Thomas Sutter (55), der stellvertretende Geschäftsleiter der Schweizerischen Bankiervereinigung, freut sich, dass etwas in Gang kommt. «Wir haben in unseren Gremien auch schon darüber diskutiert.» Doch er gibt zu bedenken: «So eine Kooperation ist nicht trivial. Die Banken haben unterschiedliche IT-Systeme und Prozesse. Sie müssen bereit sein, diese anzupassen.»
Tatsächlich: Noch ist es schwer vorstellbar, dass Supertanker wie die UBS und die CS plötzlich aufeinander Rücksicht nehmen. Doch die neuen Marktbedingungen könnten sie dazu zwingen. Und: Schon heute kooperieren Schweizer Banken miteinander.
So wickelt zum Beispiel die PostFinance die Einzahlungsscheine für die UBS ab. Für Bankenprofessor Pedergnana ist jedenfalls klar: «Es geht um den Finanzplatz Schweiz im Interesse der Kundschaft. Da dürfen veraltete IT-Systeme nicht einer zukunftsträchtigen Lösung im Weg stehen.»