Schweiz Tourismus hofiert Saudis
«Jalla, 5, 4, 3, Action!»

150 Millionen Araber werden während des Ramadan 2018 die saudische Seifenoper «Saudiyat» sehen. Gedreht wird sie diese Woche in Zürich und Bern.
Publiziert: 16.09.2017 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 10:10 Uhr
Moritz Kaufmann (Text) und Sabine Wunderlin (Fotos)

Eine Oase in der Wüste bedeutet Glück. Für Touristen aus Wüstenländern ist die Schweiz eine einzige Oase. «Araber lieben die Schweiz. Sie lieben es grün und blau. Sie lieben das Klima», sagt Matthias Albrecht (39). Er muss es wissen. Der Zürcher Oberländer arbeitet als Länderchef für die Golfstaaten bei Schweiz Tourismus. Seit vier Jahren wohnt er im Emirat Dubai.

Die Schweiz erlebt einen Araber-Touri-Boom. Zwischen 2005 und 2016 explodierte die Zahl der Hotelübernachtungen um 280,5 Prozent. Zu den Golfstaaten zählen Saudi-Arabien, Bahrain, Katar, Kuwait, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate (siehe Karte). Kommen sie in die Schweiz, lassen sie viel Geld liegen. Laut Schweiz Tourismus gibt ein arabischer Gast pro Tag 430 Franken aus – ein durchschnittlicher Tourist nur 180 und ein Normalschweizer 160 Franken.

Logisch, dass die Schweizer Touristiker die Araber umgarnen. «Wir haben nicht das Budget, um Fernsehwerbung zu schalten. Aber wir können Produktionsteams von Fernsehserien einladen», sagt Länderchef Albrecht. Ihm ist ein Coup gelungen. Zurzeit werden zwischen fünf und sieben Folgen der saudischen Seifenoper «Saudiyat» (dt. die Saudis) in Zürich und Bern gedreht – Flug, Hotel und Verpflegung übernehmen Schweiz Tourismus und Zürich Tourismus.

Vor allem Frauen werden angesprochen

In der Saudi-Soap geht es um drei junge saudische Frauen, die unterschiedlich reich sind. Behandelt werden Themen wie Liebe, Eifersucht und Neid. Ausgestrahlt wird der 30-Teiler im Ramadan des nächsten Jahres. Während des Fastenmonats wird weniger gearbeitet, die Leute haben Zeit zum Fernsehen. Erwartet werden insgesamt 150 Millionen Zuschauer. Angesprochen werden vor allem Frauen. «Sie wählen in arabischen Ländern aus, wohin es in die Ferien geht», erklärt Albrecht.

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Die Schauspieler mit Regisseur Eyad al Khzuz (2. v. l.).
Foto: Sabine Wunderlin

«Jalla, 5, 4, 3, Action!», schreit ­Regisseur Eyad al Khzuz. Zu seinem Schauspiel-Ensemble gehört Shaila Sabt (28), die 2010 Miss Bahrain und 2013 Miss Middle East wurde. Oder die 17-jährige Waad Almossanif, die von ihrer Mutter begleitet werden muss, weil sie noch minderjährig ist. Die Schweiz sei sehr schön, die Leute sehr nett, sagen sie. Und das, obwohl vorgestern die Burkaverbots-Initiative offiziell eingereicht wurde. Die Gesichter der Schauspielerinnen werden allerdings nur von viel Schminke und überdimensionierten Sonnenbrillen verdeckt. Von Verschleierungen wie Nikab (mit Augenschlitz) oder Burka (mit Augennetz) keine Spur. «Bis jetzt ist die Burka-Initiative in der arabischen Welt kein Thema. Mal schauen, ob sich das ändert, wenn wir darüber abstimmen», sagt Albrecht. Als Touristiker schaut er gespannt auf Österreich – auch ein beliebtes Ferienland für Araber. Im Mai wurde dort ein Burkaverbot beschlossen. «Bei uns sind alle willkommen. Araber haben kein Problem mit einem Burkaverbot», ist Nationalrat und Verbots­initiant Walter Wobmann (59, SVP) überzeugt.

Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft

Mit den Dreharbeiten ist Matthias Albrecht zufrieden. Der saftig grüne Park des Zürcher Museums Rietberg kommt voll zur Geltung. «Das sind genau die Bilder, die wir brauchen.» Jetzt will Albrecht die Schauspieler noch überzeugen, in ihren Social-­Media-Postings den Hastag #inlovewith­switzerland zu verwenden – verliebt in die Schweiz. «Saudis sind sehr digitalaffin. Viele haben zwei oder drei Handys. Social Media sind für uns deshalb sehr wichtig», weiss Albrecht. Das Potenzial, sind die Schweizer Touristiker überzeugt, ist bei Golf-Gästen noch längst nicht ausgeschöpft.

Katar-Krise trübt Ergebnis

Die Spannungen zwischen Katar und der restlichen arabischen Welt haben Auswirkungen auf die Schweizer Hotelübernachtungen. Das Wachstum im ersten Halbjahr 2017 durch die Golfstaaten beträgt lediglich 0,3 Prozent, gegenüber starken Wachstumszahlen in den Vorjahren. Hauptgrund: Qatar Airways darf nicht mehr über Saudi-Arabien und damit auf direktem Weg in die Schweiz fliegen. Damit fallen günstige Flüge für die Mittelschicht weg. Weil der katarische Fernsehsender Al Jazeera relativ kritisch berichtet, wird Katar von Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten boykottiert. l

Die Spannungen zwischen Katar und der restlichen arabischen Welt haben Auswirkungen auf die Schweizer Hotelübernachtungen. Das Wachstum im ersten Halbjahr 2017 durch die Golfstaaten beträgt lediglich 0,3 Prozent, gegenüber starken Wachstumszahlen in den Vorjahren. Hauptgrund: Qatar Airways darf nicht mehr über Saudi-Arabien und damit auf direktem Weg in die Schweiz fliegen. Damit fallen günstige Flüge für die Mittelschicht weg. Weil der katarische Fernsehsender Al Jazeera relativ kritisch berichtet, wird Katar von Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten boykottiert. l

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