Aha, der hat es also geschafft: Gross, leger und gut aussehend posiert er vor See, Alpen und aufziehenden Sturmwolken. Der Mann zeigt zum Zürcher Bürkliplatz. Dort auf dem Flohmarkt kaufte er seine ersten Fussballschuhe. Nockenschuhe. 1994 war das ... So könnte eine dieser Erzählungen von erfolgreichen Secondo-Fussballern beginnen. Aber Fikret Zendelis' (36) Geschichte geht anders.
Als ein Saisonnier in der Schweiz beschliesst, seine Familie aus Mazedonien herauszuholen, lodert bereits der Irrsinn des jugoslawischen Bürgerkriegs. Mit neun Jahren gelangt Klein Fikret nach Langnau am Albis ZH. Es folgt, was man als gelungene Integration bezeichnen kann: Der Mazedonier fühlt sich bald als Schweizer, der Junge reift zum Mann, lernt Bauzeichner, studiert Bautechniker. Sein Weg zeigt, dass man es in diesem Land schaffen kann, wenn man nur will.
Voll integriert in der Schweiz – und dann zurück
Er hätte Bauführer werden können, ein lukrativer Job. Da entscheidet Zendeli, ins Land der Eltern zurückzukehren. Die denken, ihr Junior scherze. Das Gegenteil ist wahr: «Ich sah das Abenteuer und eine Geschäftsmöglichkeit.» In Skopje gründete er eine Firma: «Die Bürokratie ist der Wahnsinn.» Es folgten einsame Stunden, Tage, Wochen, Monate im Konstruktionsbüro. Neun Jahre sind vergangen, mittlerweile läuft der Laden, aus einem Mitarbeiter wurden zehn.
Das wäre in der Tat eine hübsche Aufsteigergeschichte. Nur ist die Geschichte hier noch nicht zu Ende, sie hat noch Luft nach oben. Denn Zendeli ist gerade fleissig in Europa unterwegs, um die Leute zu überzeugen, am Freitag blauzumachen. Nicht sehr schweizerisch.
Der unproduktive Freitag
Der Punkt ist: Ab Freitagmittag verabschieden sich viele Mitarbeiter ins Wochenende – mental gesehen, körperlich wären sie noch da. Doch sie vertrödeln die Zeit, könnten genauso gut heimgehen. Viele Artikel wurden über dieses Phänomen schon geschrieben, einen davon las Zendeli.
«Warum in dieser unnützen Zeit nicht etwas Nützliches tun?», fragte er sich. Sinnvoll sollte es sein und sozial. «In Skopje vergeht kein Tag, wo nicht jemand im Müll nach Resten sucht.» Wenn die Gesellschaft den Bach runtergehe, sei er als Unternehmer ja auch betroffen.
Warum also nicht bei sich selber anfangen, bei Breon, seinem Unternehmen? Er nannte es «Social Friday»: Einmal im Quartal besuchen seine Leute am Freitag Senioren im Altersheim, spielen mit Waisenkindern, pflanzen Bäume, kochen für Obdachlose. Die Teilnahme ist freiwillig und bezahlte Arbeitszeit. «Das Engagement darf nicht zur Pflicht werden», sagt Zendeli.
In der Heimat ein bekannter Mann
In Mazedonien, das seit neustem Nordmazedonien heisst, wurde er damit eine grosse Nummer, durfte sogar in der beliebtesten TV-Morgenshow für sein Projekt werben. Das ZDF besuchte ihn, das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» nennt ihn «den guten Mann vom Bau».
Ein alter Trick: Tu Gutes und rede darüber. Zendeli sieht das entspannt: «Lieber so, als gar nichts Gutes zu tun.» Er sei weder Gutmensch noch Naivling, sondern Unternehmer. Aber er wolle nicht das grosse Geld verdienen, es gehe ums soziale Bewusstsein.
Suche nach Nachahmern
Nun will er seine Idee erst mal bekannt machen, Nachahmer finden. Ihm sei bewusst, dass manche Unternehmen vielleicht nur profitieren wollten. «Aber wenn 80 von 100 die Idee als PR missbrauchen, sind noch immer 20 Aufrichtige darunter», sagt Zendeli.
In Österreich hat er bereits Nachahmer gefunden, in Lettland auch. Und in Nordmazedonien hat die Schweizer Botschaft vergangenen Monat erstmals einen «Social Friday» durchgeführt. «Eine positive Erfahrung», sagt Botschafterin Sybille Suter.
Nun sucht Zendeli in der Schweiz nach «mutigen Unternehmern». Irgendwie wäre es ein gutes Zeichen, wenn er fündig würde.