Täglich halten rund 20'000 Menschen in der Schweiz ihren Arm hin für eine Covid-19-Impfung. Um das Impfziel von 5,25 Millionen Personen bis Ende Juni zu erreichen, müssten es ab April täglich aber mindestens 90'000 sein.
Das Problem: Die Lieferungen der begehrten Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer stocken. Deshalb wäre es eine grosse Erleichterung, käme die Schweiz an das Corona-Vakzin von Johnson & Johnson. Seit Montag hat es die Schweizer Zulassung. Doch der Bund hat eine rechtzeitige Bestellung verschlafen.Dies, obwohl schon lange klar war, dass die Johnson & Johnson-Impfung zu den besten und schnellsten gehört.
Das heisst: Der einzige Weg für die Schweiz, bald an mehr Impfungen zu kommen, führt über Astrazeneca. Denn auch wenn Moderna und Biontech/Pfizer im April, Mai und Juni die zugesagten weiteren 6,5 Millionen Dosen liefern können, fehlen immer noch über zwei Millionen, damit bis Ende Juni alle impfwilligen Menschen ihren Piks kriegen.
Diese zwei Millionen müssen aus den 5,3 Millionen bestellten Dosen von Astrazeneca kommen. Denn bei den ebenfalls bestellten Impfstoffen von Novavax und Curevac, die ebenso noch auf eine Zulassung warten, rechnet der Bund mit ersten Lieferungen erst Ende Juni oder im Juli.
Hin und Her bei Studiendaten
Das Vakzin der britisch-schwedischen Astrazeneca wurde in England, Frankreich sowie Südamerika und Afrika schon millionenfach gespritzt. Die USA und die Schweiz jedoch verlangen für die Zulassung mehr Daten. Eine Zwischenanalyse vom Montag zeigte eine Wirksamkeit von 79 Prozent und entkräftete die Angst vor erhöhten Thromboserisiken.
Doch gestern streute eine US-Gesundheitsbehörde erneut Zweifel. Astrazeneca betonte darauf, dass die finalen Ergebnisse innert 48 Stunden eingereicht würden. Die Chefin von Astrazeneca Schweiz, Katrien De Vos (38), ist überzeugt: «Unser Vakzin kann einen echten Einfluss auf die Pandemie haben.» Swissmedic sollte die Daten für den breit ersehnten Zulassungsentscheid in den nächsten Tagen erhalten.
Alle Hoffnungen ruhen auf Astrazeneca. Die Schweiz hat sich zwar auch über die internationale Covax-Initiative Impfungen für 20 Prozent der Bevölkerung gesichert. Aber in der ersten Verteilrunde haben arme Länder Priorität.
Keine freie Marktwirtschaft
Und Johnson & Johnson? Dürfen allenfalls wenigstens Kantone oder Private den zugelassenen Impfstoff beziehen? Nein, sagt Sprecher Thomas Moser. «Wir können nur an Staaten und internationale Organisationen wie die Covax-Initiative liefern.»
Dass die freie Marktwirtschaft bei den Corona-Impfstoffen ausgesetzt ist, hat auch mit den Milliardengeldern zu tun, mit denen Länder wie die USA die Impfstoff-Entwicklung unterstützten.
Trotzdem kommen Privatfirmen auch offiziell an Corona-Impfstoffe. Länder wie Pakistan, Mexiko und die Philippinen verkaufen ihre Corona-Impfdosen an Firmen, weil ihr Gesundheitssystem nicht effizient genug ist. In den Emiraten decken sich Private ein und machen ein dickes Geschäft mit reichen Impfwilligen.
In Indien kommen Private direkt an Astrazenaca-Impfungen. Das indische Serum Institute stellt dieses Jahr unter Lizenz eine Milliarde Astrazeneca-Impfdosen her – mehr als das Doppelte von dem, was die Walliser Lonza heuer weltweit für Moderna produziert.