Wegen Billigimporten hatte die EU Mitte Juli 2018 Schutzzölle von 25 Prozent auf Stahl eingeführt. Diese werden wirksam, sobald die von Brüssel festlegten Kontingente ausgeschöpft sind. Jedes Jahr sollen aber wegen steigender Nachfrage die EU-Kontingente erhöht werden.
Im Mai hatte die EU-Kommission nun ihre Schutzmassnahmen überprüft und beschlossen, die jährliche Ausweitung der Kontingentmengen von fünf auf drei Prozent zu reduzieren. Diese neuste Anpassung ist bereits in Kraft.
«Diese Änderungen drohen den bilateralen Stahlhandel zwischen der Schweiz und der EU zusätzlich einzuschränken und schaden der eng mit der EU-Stahl- und Automobilindustrie verflochtenen Schweizer Stahlindustrie», schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Donnerstag nach dem Treffen des «Gemischten Ausschusses» Schweiz-EU zum Freihandelsabkommen in Brüssel.
Bern ist überhaupt unzufrieden, dass die EU-Schutzzölle auch für Schweizer Stahlproduzenten gelten. «Die Schweiz setzt sich gegenüber der EU weiterhin für einen uneingeschränkten Handel mit Stahlprodukten ein», heisst es deshalb im Communiqué des Seco.
Denn mit der Schweiz haben die EU-Schutzzölle nichts zu tun. Sie sind vielmehr die Folge einer Entscheidung von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte im März 2018 Strafzölle auf Stahl angekündigt. Als Folge davon lieferten Länder wie China ihren Billigstahl vermehrt nach Europa.
Die eingeführten Schutzzölle der EU treffen jedoch nicht nur Länder wie China, sondern alle Drittstaaten - eben auch die Schweiz. Die EU argumentierte mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO, nach denen alle Drittstaaten gleich behandelt werden müssen.
Trotz allem hatte die Schweiz Glück im Unglück. Neben den «normalen» Kontingenten - die für alle Drittstaaten gelten - gewährte die EU der Schweizer Stahlindustrie für sieben wichtige Produktegruppen so genannte länderspezifische Kontingente, die auf einem Durchschnitt der Einfuhren in den Jahren 2015 bis 2017 beruhten.
Dazu gehört etwa Walzdraht, der in der Automobilindustrie gebraucht wird, aber auch Stabstahl, der sowohl in der Automobilindustrie wie auch auf dem Bau verwendet wird.
Anfang dieses Jahres befürchteten Schweizer Stahlproduzenten jedoch, dass diese Spezialkontingente bald ausgeschöpft sein werden. Nun zeigt sich aber, dass wider Erwarten diese speziellen Stahlkontingente ausreichen.
«Die aktuelle Ausschöpfung der Zollkontingente deutet darauf hin, dass zurzeit genügend Kontingentsmengen für Importe aus der Schweiz in die EU zur Verfügung stehen», schreibt das Seco auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Gemäss den Rückmeldungen der im Stahlsektor tätigen Schweizer Unternehmen sei das sich abschwächende Wirtschaftswachstum der Grund dafür. Die Nachfrage sei zurückgegangen, was «einen Rückgang der Exporte von Stahlprodukten in die EU» bewirke, schreibt das Seco weiter.
Trotzdem ist es für eine Entwarnung noch zu früh: Denn die Kontingentsperiode für die Restkontingente läuft noch bis Ende 2019 und jene speziell für die Schweiz gilt gar noch bis Mitte 2021.
(SDA)