Schweiz-Chef Patrick Warnking über die digitale Transformation
Google macht die Wirtschaft fit

Der Google-Schweiz-Chef über die Förderung von Startups in der Schweiz, ausländische Investoren und den Weg von KMUs in die digitale Zukunft.
Publiziert: 18.09.2016 um 17:22 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:38 Uhr
Patrick Warnking arbeitet seit 2007 für Google, seit fünf Jahren ist er Chef von Google Schweiz.
Foto: Sabine Wunderlin
Interview: René Lüchinger

Herr Warnking, die ganze Welt spricht von der digitalen Transformation, in welcher sich unsere gesamte Gesellschaft befindet. Was versteht man eigentlich unter diesem Mode-Wort?
Patrick Warnking:
Es geht im Grundsatz darum, Produkte und Dienstleistungen kundenfreundlicher und damit auch leichter in der Bedienung zu machen. Das ist die grosse Chance der digitalen Transformation. Für Unternehmen geht es um die Frage: Wie können wir innovativer werden, um den Kunden ein noch besseres Produkt, ein noch positiveres Produkterlebnis anbieten zu können?

Der Fortschritt in der Wirtschaft bestand seit jeher darin, immer bessere Produkte herzustellen. Was ist das grundlegend Neue der heutigen Digitalisierung?
Das Neue ist, dass Millionen von Menschen heute die Möglichkeit haben, sich über das Internet auszutauschen. Das eröffnet für die Kunden ganz neue Response-Möglichkeiten. Mit der digitalen Transformation hat der Mensch heute zusätzlich die Möglichkeit sich mit Geräten auszutauschen. Im Haushalt gibt es ja bereits Koch- oder Staubsauger-Roboter, die sich über das Smartphone steuern lassen.

Und das bedeutet mittelfristig?
Viele Dinge, die an ein Stromnetz, einer Batterie angeschlossen sind, lassen sich nun vom Menschen via Smartphone oder Tablet steuern. Mobilität und Navigation werden einfacher, effizienter und sicherer. Oder es lässt sich Energie sparen. Es gibt in der digitalen Transfor­mation unendlich viele Anwendungsformen.

Das heisst: Die Grenze zwischen Maschine und Mensch löst sich auf?
Die Grenzen lösen sich nicht auf. Sie verschieben sich durch digitale Steuerung weiter. Die zentrale Frage aber ist: Wie können Maschinen Menschen unterstützen? In der Produktion ist das schon länger der Fall. Wir kommen jetzt in eine Phase, wo dies auch stärker in Privathaushalten und im Alltagsleben der Fall sein wird. Es geht dabei meist um die Unterstützung von Routinearbeiten.

Für Google ist die Schweiz ein wichtiger Entwicklungsstandort. Warum das?
Wir kamen 2004 in die Schweiz. Heute beschäftigen wir in Zürich über 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus aller Welt und betreiben das grösste Entwicklungszentrum ausserhalb der USA. Die Schweiz war damals digital schon gut unterwegs. Auch dank der international renommierten Hochschulen. Und die Schweiz führt das Innovations-Ranking traditionell an. Das hat mit dazu geführt, dass wir hier den Standort aufgebaut haben und uns in der digitalen Transformation aktiv engagieren.

Inwiefern?
Wir unterstützen etwa die industrieübergreifende, mittlerweile national ausgerichtete Standortini­tiative DigitalSwitzerland. Es geht darum, die digitale Transformation ins Zentrum aller Aktivitäten zu stellen. Zusammen mit den stabilen Rahmenbedingungen und dem guten Ausbildungsniveau hat die Schweiz gute Chancen im digitalen Wettbewerb mit anderen Hotspots wie London, New York, Tel Aviv oder Berlin.

Was fehlt?
Wir wollen nun das Start-up-Ökosystem Schweiz enger knüpfen, den Gründergeist und die Risikobereitschaft fördern und die Kultur für Risikokapital für digitale Start-ups weiter stärken. Konkret geht es auch darum, ausländisches Kapital für Jungfirmen in der Schweiz in das Land zu holen.

Das ist Förderung für Jungunternehmer. Was tun Sie für die etab­lierte Wirtschaft?
Da ist ein zweiter Schwerpunkt. Wir lehren KMU oder Exportfirmen den Umgang mit digitalen Kanälen, die digitale Interaktion mit dem Kunden. Hier, an der Schnittstelle zwischen KMU und Kunde, ist derzeit der grösste digitale Nachholbedarf. Dies hat auch eine aktuelle Studie von PWC aufgezeigt. Nur ein Bespiel: Bedienungsanleitungen werden künftig nicht mehr aus ­ellenlangen Beschreibungen bestehen, sondern zunehmend aus einem Video, das vom Internet heruntergeladen und auf dem Smartphone angeschaut wird.

Was heisst das für die Mitarbeiter, gerade auch in KMU?
Zunächst erfordert die digitale Transforma­tion die Bereitschaft für lebenslanges Lernen. In der Forschung und Entwicklung kann das heissen, dass Kunden-Feedback für Produktentwicklungen immer wichtiger wird. Digitale Kanäle helfen dabei, schneller und besser zu verstehen, wo die Bedürfnisse der Kunden liegen. Im Bereich von Marketing und Vertrieb können digitale Kanäle helfen, neue Kunden zu finden, oder mit digitalen Mitteln neue Märkte aufzurollen. Das ist wesentlich preisgünstiger als dort eine physische Präsenz aufzubauen.

Wie engagiert sich Google Schweiz in diesem Bereichkonkret?
Wir haben allein in diesem Jahr beispielsweise bereits 6000 Personen aus Schweizer Unternehmen im Bereich digitales Marketing weitergebildet. Wir tun dies kostenlos. Wir haben auch ein Projekt mit Pro Juventute zum Thema Medienkompetenz, wir engagieren uns im Bereich Export oder mit Auszu­bildenden im Bereich Informatik.

Genügt ein solch punktuelles Fitnessprogramm für den flächendeckenden Fortschritt inSachen Digitalisierung?
Wichtig ist auch, dass wir den Menschen, die bereits im Beruf stehen, digitales Know-how vermitteln können. Deshalb haben die rund 30 Partner der Initiative Digitalswitzerland nun eine nicht kommerzielle Plattform aufgeschaltet, in der ein möglichst grosses digitales Aus- und Weiterbildungsangebot aufgelistet ist (www.education-digital.ch). Für die Anbieter ist es kostenlos und Teilnehmer können wie bei Tripadvisor Feedback über die Ausbildungsangebote geben. Derzeit sind das über 20 Anbieter, darunter so renommierte wie ETH, HWZ oder Universität St. Gallen, Migros Klubschule, aber auch private Anbieter. Es ist eine Suchmaschine rund um Ausbildung digital, die Transparenz schafft und Qualitätskontrolle ermöglicht. Diese wird nun auch national ausgebaut.

Aus DigitalZurich2025 ist nun innert einem Jahr DigitalSwitzerland geworden. Ihr Fazit?
Ich sehe digitale Aufbruchsstimmung im Land. Die Initianten fördern ja derzeit 30 Start-ups aus aller Welt während elf Wochen mit einem substanziellen siebenstelligen Betrag. Die digitale Initiative ist nun national und das digitale Bildungsangebot transparent verankert. Das sind ermutigende Zeichen für die Zukunft.

Zur Person
Seit 2007 arbeitet Patrick Warnking (49) für Google. In Deutschland leitete er mehrere Teams mit dem Schwerpunkt Medien und Entertainment. Seit 2011 ist Warnking Country Director von Google Schweiz. Der Betriebswirtund ausgebildete Bankkaufmann arbeitete zuvor unteranderem für ProSiebenSat1.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.