Eine transkontinentale Bahnstrecke von mehr als 3750 Kilometern soll zwei Ozeane verbinden und von Brasilien über Bolivien nach Peru führen. Ziel ist, den Transport von Gütern nach Europa und Asien deutlich zu beschleunigen.
Bei der Finanzierung sowie beim Bau der Bahnlinie setzt das Andenland nun auch auf Hilfe aus der Schweiz und Deutschland. In Anwesenheit der Bundespräsidentin und des bolivianischen Präsidenten unterzeichneten beide Seiten ein Memorandum of Understanding zur Zusammenarbeit beim Bau der südamerikanischen Transkontinentalbahn.
Es sei ein gewaltiges Projekt mit einem hohen Investitionsvolumen und anspruchsvollen technischen Herausforderungen, sagte die Bundespräsidentin am Donnerstag vor den Medien in Bern. Die Schweiz habe aber einen grossen Erfahrungsschatz in Fragen der Eisenbahninfrastruktur.
Das Projekt wird besonders von Bolivien forciert, da das Land keinen Zugang zum Meer hat. Es kann zwar auf die Unterstützung von Partnerländern wie Brasilien, Peru, Uruguay und Paraguay zählen. Das technologische Wissen will es aber aus Europa holen. Man sei auf Experten im Schienen- und Bahnverkehr angewiesen, sagte Morales.
Der Streckenausbau soll fünf Jahre dauern und 2019 beginnen. Die Kosten werden auf umgerechnet rund 14 Milliarden Franken geschätzt. Mindestens 8000 Arbeitsplätze könnten entstehen. Im Januar sollen die ersten Gespräche zur Umsetzung in Bolivien stattfinden.
Morales würde den Bau der Bahnlinie gerne zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit Boliviens vom spanischen Kolonialreich im Jahr 2025 vollenden.
Der Schweizer Dachverband der Eisenbahnindustrie Swissrail und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) hatten bereits am 1. März 2017 eine gemeinsame Arbeitsgemeinschaft in der Schweizer Botschaft in Berlin gegründet.
Sie steht unter der Schirmherrschaft des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland.
Die beiden Bahnindustrieverbände stecken mitten in den Vorbereitungen. Vor einigen Monaten war der Staatssekretär im deutschen Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba, in La Paz gewesen, um die Expertise der deutschen und Schweizer Bahnindustrieunternehmen einzubringen und Lösungen zu entwickeln.
Rund vierzehn Unternehmen aus der Schweiz und Deutschland sind bis anhin beteiligt. Zum deutsch-schweizerische Konsortium zählen etwa die Firmen Alpiq, DB Engineering & Consulting, Bombardier, Molinari Rail, Siemens, Thales und Stadler Rail.
Der sogenannte Zug «Bioceanico» wird von Morales auch «Panama-Kanal auf Schienen» genannt, als Anspielung auf die erst im vergangenen Jahr erweiterte Wasserstrasse zwischen Atlantik und Pazifik.
Agrarprodukte wie Soja und Rohstoffe wie Silber, Erz und Lithium könnten mit dem Zug schneller und günstiger in andere Weltregionen transportiert werden, als wenn sie wie bisher zunächst mit Lastwagen und dann per Schiff entweder im Norden durch den Panama-Kanal oder rund um Kap Hoorn an der Südspitze Südamerikas fahren müssten.
Der Handel zwischen der Schweiz und Bolivien ist relativ bescheiden. 2016 importierte die Schweiz Güter im Wert von 9,3 Millionen Franken, vor allem Agrarprodukte. Die Exporte nach Bolivien beliefen sich derweil auf 33,3 Millionen Franken in Form von Maschinen, medizinischen Instrumenten und pharmazeutischen Erzeugnissen.
Leuthard hat Morales denn auch vorgeschlagen, die Produkte seines Landes weiter zu diversifizieren, um den bilateralen Handel auszuweiten, was Morales begrüsste.
Bolivien habe einen sozialen und wirtschaftlichen Wandel durchlebt, sagte Morales. Das Land floriere und sei nun soweit, auch Grossprojekte wie die transkontinentale Bahntrasse in Angriff zu nehmen.
Dank der Verstaatlichung des Erdgassektors konnte die Armut in Bolivien verringert und die Infrastruktur ausgebaut werden. Bolivien verzeichnet daher hohe Wachstumsraten der Volkswirtschaft. Auch Bundespräsidentin Doris Leuthard attestiert dem Land Fortschritte. Insbesondere bei der Armutsbekämpfung habe Bolivien viel erreicht.
Sie betonte aber zugleich den hohen Wert demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien für die Weiterentwicklung des Landes. Die Schweiz unterstützt das Land unter anderem bei einer Justizreform mit dem Ziel, den Zugang zur Justiz für ärmere Bevölkerungsschichten zu verbessern.