Schweine und Kühe verursachen mehr Smog als Autos und Industrie
Gülle verpestet unsere Luft

Schweine und Kühe verursachen mehr Smog als Autos und Industrie. Wegen der intensiven Landwirtschaft verfehlt die Schweiz ihr Reduktionsziel.
Publiziert: 14.05.2018 um 21:52 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:50 Uhr
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Das Ausbringen von Gülle verpestet die Luft und bildet krebserregenden Feinstaub.
Foto: Keystone
Cyrill Pinto

Mit den steigenden Temperaturen nimmt auch die Belastung der Atemluft zu. Ozon vergiftet die Luft, Pollen quälen die Allergiker, Feinstaub reizt die Atemwege – im schlimmsten Fall droht Krebs. Aktuelle Zahlen, die SonntagsBlick vorliegen, zeigen: Während die Emissionen von Feinstaub aus Verkehr und Industrie in den letzten Jahren sanken, blieben jene aus der Landwirtschaft auf hohem Niveau.

Dabei arbeitet der Bund seit Jahren daran, den Ausstoss von Ammoniak, einer der grössten Feinstaubquellen, zu reduzieren. Aber offenbar ohne grösseren Erfolg. Stickoxide, Hauptverursacher von Smog in den Städten, konnten seit den 80er-Jahren stark reduziert werden – von 50 Kilotonnen 1980 auf unter 20 im Jahr 2015. Ganz anders die Bilanz beim Ammo­niak, Hauptverursacher für Feinstaub auf dem Land: Hier ging der Ausstoss seit 1980 von knapp 70 Kilotonnen bloss auf 50 zurück. Das Reduktionsziel von unter 30 Kilotonnen wurde damit weit verfehlt. Feinstaub aus Ammoniak hat damit den Verkehr und die Indus­trie als Hauptverursacher von Smog abgelöst.

Bundesamt für Umwelt bestätigt alarmierenden Befund

So geht es aus einem Bericht über die Umweltziele in der Landwirtschaft hervor, in dem das Bundesamt für Landwirtschaft festhält: «Während in anderen Ländern Fortschritte beobachtet werden konnten, stagnieren in der Schweiz seit der Jahrtausendwende die Fortschritte bei der Senkung der Umweltbelastung.»

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bestätigt den alarmierenden Befund. «An den meisten der 13 Standorte, wo seit dem Jahr 2000 ununterbrochen gemessen wurde, blieb die Ammoniakkonzentration ähnlich hoch», sagt eine Sprecherin. Die Belastung sei in Gebieten mit intensiver Tierproduktion besonders hoch. Die höchsten Konzen­trationen würden jeweils beim Ausbringen von Gülle gemessen.

Kritiker führen das auf die Massentierhaltung zurück, speziell auf deren Subventionierung. Tatsächlich nimmt die Menge des importierten Futters ungebremst zu. Deshalb gehört die Schweiz zu den Spitzenreitern für Ammoniakemissionen in Europa – mit gravierenden Folgen für Mensch und Umwelt.

Lungenliga fordert Diäten für Rinder

Experten gehen davon aus, dass inzwischen etwa die Hälfte des Feinstaubs in der Schweiz aus Vorläuferschadstoffen gebildet wird. «Hierbei macht Ammoniak einen grossen Teil aus», sagt Elena Strozzi von der Lungenliga. «Wir setzen uns deshalb für eine Minimierung der Feinstaubemissionen ein, insbesondere auch von Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft.»

Die Lungenliga fordert geschlossene Lüftungssysteme in Stallungen sowie «Diäten für Rinder». Denn, so Strozzi von der Lungenliga: «Untersuchungen haben bewiesen, dass Feinstaub krebserregend ist.»

Laut Bafu könnte die Belastung mit Ammo­niak auf dem Land durch leicht zu ergreifende Massnahmen reduziert werden. Gemäss Nationalrat Markus Ritter vom Schweizer Bauernverband werde dies auch getan, etwa durch Luftfilter für Ställe. «Doch», so Ritter, «haben wir die Auswirkung der Freilaufhaltung auf unsere Umwelt unterschätzt.»

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