Schmidheiny kann aufatmen
Vorläufig kein neuer Asbest-Prozess

Turin – Der Schweizer Industrielle Stephan Schmidheiny muss sich vorerst keinem zweiten Asbest-Prozess stellen. Eine Turiner Richterin entschied, die Anklage wegen vorsätzlicher Tötung an das italienische Verfassungsgericht in Rom zu überweisen.
Publiziert: 24.07.2015 um 11:23 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:55 Uhr
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Muss vorläufig nicht wieder vor Gericht: Ehemaliger Eternit-Besitzer Stephan Schmidheiny.
Foto: Keystone

Richterin Federica Bompieri, die die Voranhörung zu einem möglichen zweiten Prozess gegen Schmidheiny leitete, möchte wissen, ob ein erneutes Verfahren gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstösst.

Sie gab am Donnerstag bekannt, dass sie die verfassungsrechtlichen Einwände der Verteidigung von Stephan Schmidheiny als relevant betrachtet, wie Schmidheinys Mediensprecherin Lisa Meyerhans gegenüber der Nachrichtenagentur sda mitteilte. Die entsprechenden Fragen überwies sie deshalb an das Verfassungsgericht zur Beurteilung.

«Wir sind zufrieden mit dem Entscheid der Richterin. Es waren wir, die das Thema aufgeworfen haben, wonach eine Person nicht zwei Mal wegen der gleichen Vorwürfe verurteilt werden kann», sagte Schmidheiny-Anwalt Astolfo di Amato am Donnerstag der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Der Entscheid der Richterin bestätige, dass diese Frage der Knackpunkt des Verfahrens sei.

Verärgert reagierten die Zivilparteien auf den Entscheid von Richterin Federica Bompieri. «Vor dem Gesetz sind alle gleich, ja, aber nur die Armen sind vor dem Gesetz gleich», sagte der Ehemann eines Asbest-Opfers. «Für die Mächtigen gilt dies nicht.»

Dies alles sei eine «Posse». Es werde nun Jahre dauern bis allein das Vorverfahren wieder aufgenommen werden könne, fügte der Angehörige an.

Staatsanwalt Raffaele Guariniello wiederum erklärte, er glaube, ein zweiter Prozess gegen Schmidheiny verstosse weder gegen die italienische Verfassung noch gegen die europäische Menschenrechtskonvention.

Er werde die zusätzliche Zeit nutzen, um weitere 94 asbestbedingte Todesfällen der Anklage beizufügen, sagte er der Nachrichtenagentur AdnKronos. Die Staatsanwaltschaft hatte Schmidheiny bereits der vorsätzlichen Tötung in 258 Fällen angeklagt.

In «Eternit bis» («Eternit zum Zweiten») - wie der Prozess in Italien genannt wird - geht es um 258 asbestverursachte Todesfälle in Regionen, in denen sich Asbest-Fabriken der Eternit (Italia) S.p.a. befunden haben. Die von Schmidheiny ab 1976 geführte schweizerische Eternit-Gruppe SEG war von 1973 bis zum Konkurs 1986 zunächst grösster und später deren Hauptaktionär.

Die Vorverhandlung hatte mehrere Wochen gedauert, zahlreiche Anträge um eine Teilnahme als zivile Partei wurden eingereicht. Auch das Ministerratspräsidium (Presidenza del Consiglio dei Ministri), die Region Piemont und die Provinz Alessandria hatten sich als Nebenkläger konstituiert.

Ein erstes Verfahren gegen Schmidheiny war im November 2014 mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Das Oberste Gericht in Rom sah die Vorwürfe, vorsätzlich eine bis heute andauernde Umweltkatastrophe verursacht zu haben, als verjährt an. (SDA)

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