Auf einen Blick
- Täglich werden bis zu 300 beschädigte Pakete verarztet
- Pakete mit fehlender Adresse werden geöffnet und untersucht
- Billighändler-Pakete verursachen häufigere Schäden
Zwei Kilometer Klebeband: So viel braucht das Team der Paketklinik in Härkingen SO täglich, um Pakete, die unterwegs Risse oder andere Schäden erlitten haben, zu verarzten. Manchmal sind es Patienten mit kleinen Beschwerden, die bei ihnen auf dem «Operationstisch» landen. Und manchmal bedarf es grösserer Operationen.
Im Paketzentrum in Härkingen, einer der drei grössten Sortieranlagen der Schweiz, werden täglich etwa 300’000 Pakete sortiert, an Spitzentagen vor Weihnachten sogar bis zu 500’000. Allein im Jahr 2023 wurden im Paketzentrum Härkingen rund 75 Millionen Pakete sortiert.
Dabei kann es vorkommen, dass Pakete beschädigt werden oder fehlerhaft adressiert sind. Bis zu 300 Sendungen pro Tag landen deshalb in der Paketklinik. Ein Bruchteil, betont die Post: «Aber jedes beschädigte Paket ist natürlich eines zu viel.»
Heuschrecken, Drogen oder Waffen
Im Vergleich zur riesigen Sortieranlage wirkt die Paketklinik, ein kleiner Raum in der hinteren Ecke, winzig. An der orange-grünen Wand hängt ein Foto, das eine idyllische Ferieninsel zeigt: «Weil wir hier drinnen keine Fenster haben», sagt Fabian Lienhard (38), einer von den sechs fest angestellten «Päckli-Doktoren».
Lienhard arbeitet seit vier Jahren in der Paketklinik und hat schon unzählige Pakete verarztet. «Einmal krabbelten aus einem beschädigten Paket Heuschrecken», erzählt Lienhard. «Das war schon eklig.» Jemand hatte die Tiere wohl bei einem Händler als Futter für ein Reptil bestellt. «Leider entwischten uns ein oder zwei Heuschrecken. Aber der Rest kam heil beim Kunden an.»
Solche Vorfälle passieren aber nur selten. Meistens sind es bloss kleinere Schäden, die repariert werden müssen, etwa Risse in der Verpackung. Der Boom von Billighändlern wie Temu spürt auch die Paketklinik: «Diese Pakete sind in Plastik verpackt, die manchmal in der Sortieranlage hängen bleiben und reissen», so Lienhard. Zudem hätten sie einen längeren Weg hinter sich und sind darum anfälliger für Schäden. Nach dem Besuch in der Klinik erhält das Paket einen Aufkleber: «Diese Sendung wurde bei der Verarbeitung beschädigt. Wir bitten Sie um Entschuldigung.»
Nur geschultes Personal darf Pakete öffnen
Neben Reparaturen kümmert sich das Team auch um verlorene Pakete, also, wenn etwa die Adresse fehlt oder schwer zu entziffern ist. Dann dürfen die Mitarbeiter das Paket öffnen, um nach Hinweisen auf den Empfänger zu suchen – in den meisten Fällen mit Erfolg. Unzustellbare Pakete, bei denen es keinerlei Hinweise auf Empfänger oder Absender gibt, bewahrt die Post für mindestens drei Monate auf. Meldet sich bis dahin niemand, wird der Inhalt über eine Partnerfirma verkauft.
Grundsätzlich ist die Post nicht für die Inhalte zuständig, die verschickt werden. «Wenn wir aber Drogen oder Waffen finden, müssen wir das melden», sagt Lienhard. Suspekte Sendungen aus dem Ausland werden in der Regel bereits beim Zoll herausgefischt.
Die Klinik ist der einzige Ort, an dem Pakete geöffnet werden dürfen. Nur geschulte Mitarbeiter dürfen die Klinik betreten, geschweige denn hier arbeiten. Alle Angestellten haben eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet. Denn das Briefgeheimnis ist bei der Post das oberste Gut.