SBB-Züge werden trotz Automatisierung noch lange von Menschen gesteuert
Ein Hoch auf unsere Lokführer

Der Lokführermangel bei den SBB sei hausgemacht, sie flirte zu intensiv mit der Automatisierung und zahle das Personal nicht gut genug, sagen Experten. Dabei werde es den Beruf noch sehr lange geben.
Publiziert: 05.06.2019 um 23:52 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:05 Uhr
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Dieser Lokführer konnte die Hände in den Schoss legen, war nur für Notfälle da: SBB-Boss Meyer (r.) und Stadler-Boss Spuhler auf der automatischen Fahrt im Stadler-Zug von Bern nach Olten SO.
Foto: Keystone
Konrad Staehelin
Konrad StaehelinWirtschafts-Redaktor

Vor anderthalb Jahren liessen die SBB zur Show einen Zug von Bern nach Olten SO fahren, in dem kein Lokführer Gas gab oder bremste. Das Zeichen: Die Zukunft des Fahrens ist autonom. Gestern schrieb BLICK, dass die SBB in den nächsten fünf Jahren 1000 neue Lokführer brauchen. Wer wagt sich bei solchen Zukunftsaussichten schon noch in den Führerstand!

Zwar betonte SBB-CEO Andreas Meyer (58) schon auf dem Automatenfährtli nach Olten, dass es immer gut ausgebildetes Personal an Bord des Zugs brauchen würde. Das betonen die SBB auch heute.

«Doch dieser Flirt der Bahnen mit dem autonomen Fahren in den letzten Jahren hatte zur Folge, dass das Sozialprestige der Lokführer stark gesunken ist», sagt Walter von Andrian, Chefredaktor der «Schweizer Eisenbahn-Revue».

Möglich wäre es schon

Neu sei die Idee nicht. Rein technisch könnten Züge schon seit langem ohne Führer fahren. «In geschlossenen Systemen wie in der Pariser Metro wird das schon gemacht», sagt von Andrian. «Bloss fährt der Zug dort nicht auf offener Strecke.»

Auch dort wäre das technisch möglich. Die Sicherheitssysteme sind mittlerweile hoch entwickelt. Dennoch kann jederzeit ein Problem von aussen auftreten. Vielleicht stürzt ein Auto von einer Überführung aufs Gleis, oder der Funk fällt aus und der Zug bleibt stehen.

Dafür gäbe es zwei Lösungsansätze: Entweder die SBB überzögen die ganze Schweiz mit Hunderten, ständig einsatzbereiten Experten, die bei jedem Problem zum Krisenherd rasen würden. Das käme viel zu teuer.

SBB: «Besonders fair»

Oder ein Lokführer wäre auf dem Zug zwar dabei, würde aber nur im Notfall eingreifen. «Allerdings würde ihn das ständige Warten und Nichtstun nicht aufmerksamer machen», sagt von Andrian. «Zudem wäre dieser Job unattraktiv. Am sinnvollsten ist also für die nächsten Jahrzehnte die Lösung des heutigen aktiven Lokführers auf dem Zug, selbstverständlich unterstützt durch neue technische Hilfsmittel.»

Und wie kommen die SBB jetzt an die nötigen Lokführer? Von Andrian: «Lokführer haben eine grosse Verantwortung. Der Einstiegslohn muss diese abbilden und gegenüber den Angeboten anderer Bahnen konkurrenzfähig sein.»

Laut SBB haben Lokführer einen Start-Jahreslohn von 70'000 Franken, der oft angepasst werde. Ein Sprecher schreibt: «Das Lohnsystem der SBB wurde kürzlich als besonders fair ausgezeichnet.» Man werde aber prüfen müssen, ob eine Anpassung nötig sei.

BLICK auf der Jungfernfahrt des Stadler-Girunos
2:36
Giruno auf Jungfernfahrt:Das kann der brandneue SBB-Zug

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