Wenn der SBB-Chef in Deutschland ein Interview gibt, kann er es gelassen angehen. Vincent Ducrot hat schliesslich eben erst vermelden dürfen, dass seine SBB-Züge im ersten Halbjahr 2024 so pünktlich wie noch nie waren. Währenddessen kämpft die Deutsche Bahn (DB) mit grossen Problemen; Verspätungen, Sanierungsstau, Geldprobleme und so weiter.
Ducrot hat sich im Interview mit dem «Tagesspiegel» nun zur Deutschen Bahn geäussert – und seine Einschätzung zu den Problemen der DB abgegeben. «Ihr Land hat ein sehr komplexes System, das nicht in einem guten Zustand ist», sagte Ducrot und stichelt: «Ich leide mit den engagierten Eisenbahnern und den Kunden mit.»
Kritik an Konzernstruktur
Die Schweiz ist für vergleichsweise pünktliche Züge bekannt. Seit vergangenem Jahr stoppt sie deutlich verspätete Züge aus Deutschland in Basel, um den eigenen Betrieb nicht durcheinanderzubringen. Der SBB-Chef erklärte dazu: «Bis zur Grenze ist die DB verantwortlich. Ab da muss ich meinen Kunden und Kundinnen einen guten Service anbieten.»
Ducrots Analyse der Eisenbahn in Deutschland: «Man hat zu wenig für das Netz getan. Das rächt sich heute.» Auch die deutsche Politik engagiere sich hier zu wenig. «Zuerst gab es viel Geld für die Bahn, dann wurde der Plan gekippt, jetzt versucht man krampfhaft neue Mittel zu finden. Man muss das langfristig absichern», so Ducrot.
Die Bahn ist aus Ducrots Sicht zu wenig digitalisiert. Er hält auch die Konzernstruktur der Deutschen für ein Problem, die Infrastruktur, Personenverkehr und Güterverkehr in verschiedene Gesellschaften gliedert. «Das ist nur nachvollziehbar, dass man dann weniger miteinander spricht und zuerst für sich selber schaut.»