Der Preis für Erdöl ist am Sonntagabend um mehr als ein Viertel eingebrochen. Das entspricht dem grössten Preissturz seit dem Golfkrieg 1991. Zeitweise brach der Preis um 30 Prozent ein, bevor er bei minus 26 Prozent stabilisierte. Hintergrund ist die Sorge vor einem Preiskrieg unter den Erdöl-Förderländern nach dem Scheitern der Gespräche zwischen der Opec und Russland über eine gemeinsame Förderbremse.
Saudi-Arabien, der grösste Erdölexporteur der Welt, droht nicht nur, seine Erdölproduktion massiv zu erhöhen. Am Samstag hatte der staatliche saudiarabische Erdöl-Konzern Saudi Aramco angekündigt, den offiziellen Verkaufspreis (OSP) für alle Erdölsorten und alle Abnehmer zu senken. So sollen sich Lieferungen nach Europa, Asien und in die USA um acht Dollar je Barrel verbilligen.
Kurz nach Beginn des Handels am Sonntagabend kostete Erdöl der Sorte Brent aus der Nordsee 33,59 Dollar pro Fass (je 159 Liter). Das sind 25,8 Prozent weniger als am Freitagabend. US-Leichtöl verbilligte sich um 23 Prozent auf 32,06 Dollar je Fass. Zeitweise war der Brent-Preis sogar bis auf 31,02 Dollar je Fass abgesackt und bei US-Leichtöl auf 30 Dollar pro Fass.
Maximale Schmerzgrenze
Da die Nachfrage nach Öl durch den Ausbruch des Coronavirus massiv eingebrochen ist, droht dem Ölmarkt mit der Öffnung der Förderhähne nun ein Chaos. «Saudi-Arabien befindet sich nun wirklich in einem vollen Preiskrieg», sagte Iman Nasseri, Nahost-Geschäftsführer bei der Ölberatung FGE, der Nachrichtenagentur «Bloomberg».
Mit der grössten Preissenkung in mehr als 30 Jahren hat Riad die Kosten für sein Rohöl deutlich unter die Kosten für russisches Öl gesenkt. Zudem wollen die Saudis die Erdölfördermenge auf eine Rekordmenge von zwölf Million Barrel pro Tag hochschrauben.
Die Schock-Strategie Saudi-Arabiens gilt als der riskante Versuch, Russland und anderen Produzenten auf dem schnellstmöglichen Weg grösstmöglichen Schmerz zuzufügen, um sie wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Die Produktionserhöhung und der Preissturz markieren eine dramatische Eskalation von Saudi-Arabiens Ölminister Prinz Abdulaziz bin Salman, nachdem sein russischer Amtskollege Alexander Novak am Freitag in Wien auf dem Opec+-Treffen ein Ultimatum zur Beteiligung an einer kollektiven Förderkürzung abgelehnt hatte.
Corona-Wirtschaftsschock
Schon in den vergangenen Wochen hatte der Erdölpreis unter Druck gestanden. Ursache war die Sorge vor einem Abschwung der Weltwirtschaft im Zuge der Coronavirus-Ausbreitung.
Da der Verbrauch von Jet-Treibstoff, Benzin und Diesel aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs rapide zurückgegangen ist, steht der Energiemarkt nun vor einem gleichzeitigen Angebots- und Nachfrageschock.
Fraglich ist, ob und wann sich die Preissenkungen auch für Schweizer Endabnehmer an den Zapfsäulen zeigen.
Auch Börsen beginnen Woche tiefrot
Auch Aktienindizes weltweit zeigen sich zum Wochenbeginn tiefrot, während der Ölcrash und das neuartige Coronavirus die Anleger in Atem halten.
S&P-500-Futures tauchten am Sonntagabend US-Ortszeit um bis zu fünf Prozent ab und lösten damit einen Sicherheitsmechanismus aus, der verhindert, dass Futures unter dieser Marke gehandelt werden können. Dow-Jones-Futures fielen um mehr als 1000 Punkte oder etwa 4,1 Prozent. Nasdaq-Composite-Futures um 4,3 Prozent.
Der Ausverkauf an den Börsen triff auch auf den asiatisch-pazifischen Raum über, wo der australische S&P/ASX 200 am Montag um mehr als fünf Prozent stürzte. Das entspricht dem grössten Einbruch seit November 2008. Der japanische Nikkei 225 sank um mehr als sechs Prozent und lag zuletzt deutlich unter 20'000 Punkten, dem niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr. (kes)
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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