Santésuisse-Chefin Verena Nold provoziert
«Kaufen Sie Generika im Ausland!»

Pharma-Konzerne, aber auch Ärzte, Spitäler und Apotheker haben wenig Interesse daran, dass Medikamente bei uns billiger werden, sagt Santésuisse-Chefin Verena Nold.
Publiziert: 16.12.2015 um 21:59 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 17:29 Uhr
Interview: Moritz Kaufmann

Frau Nold, Original-Medikamente sind bei uns 15 Prozent teurer als im Ausland, Generika sogar 50 Prozent. Das ist Abzockerei!
Verena Nold:
Es ist tatsächlich sehr teuer bei uns. Dabei werden viele Medikamente ja im Ausland produziert. Wenn der Euro- oder Dollarkurs sinkt, müssten auch die Medikamente billiger werden.

Das tun sie aber nicht. Wie viel liesse sich denn bei den Ausgaben für Medikamente sparen?
Über eine Milliarde Franken! Es wirken einfach zu viele politische Interessen. Sobald man etwas ändern will, gibt es so viel Druck von den Profiteuren, dass es schwierig ist, die Interessen der Prämienzahler durchzubringen.

Nennen Sie das Kind doch beim Namen. Wer sahnt hier ab?
Natürlich die Pharmabranche. Aber auch all jene, die die Medikamente abgeben, zum Beispiel Ärzte, Apotheker und Spitäler. Sie leben alle gut mit dem heutigen Preisbildungssystem.

Sie nehmen die Profiteure offenbar viel zu wenig in die Mangel.
Im Gegenteil! Aber wir verfügen nur über die Instrumente, die man uns gibt. Die Preise legen die Behörden fest, also der Bundesrat und Swissmedic. Die Krankenversicherer müssen am Schluss zahlen, was andere entschieden haben. Solange das so ist, ist es schwierig, die Interessen der Prämienzahler besser zu vertreten, als wir es heute tun.

Sie berechnen die Medikamentenpreise zusammen mit Interpharma, dem Verband der Pharmalobby. Lassen Sie sich einseifen?
Wir machen den Ausland-Preisvergleich zusammen, damit wir uns nicht auch noch über die Berechnung streiten. Es reicht, wenn wir uns über die Schlussfolgerung streiten.

So viel zahlen wir zu viel

Regelmässig vergleichen der Pharmaverband Interpharma und der Krankenkassenverband Santésuisse die Schweizer Medikamentenpreise mit dem Ausland. Als Vergleichsländer gelten neun europäische Staaten wie Deutschland, die Niederlande oder Schweden. Patentgeschützte Medikamente sind in der Schweiz durchschnittlich 15,1 Prozent teurer als im Ausland. Generika sogar 50 Prozent. Der Verband Intergenerika wehrt sich gegen den «nicht zulässigen» Auslandsvergleich. Die Krankenkassen geben pro Jahr fast fünf Milliarden Franken für Medikamente aus. Santésuisse sieht ein Sparpotenzial von rund einer Milliarde Franken.

Regelmässig vergleichen der Pharmaverband Interpharma und der Krankenkassenverband Santésuisse die Schweizer Medikamentenpreise mit dem Ausland. Als Vergleichsländer gelten neun europäische Staaten wie Deutschland, die Niederlande oder Schweden. Patentgeschützte Medikamente sind in der Schweiz durchschnittlich 15,1 Prozent teurer als im Ausland. Generika sogar 50 Prozent. Der Verband Intergenerika wehrt sich gegen den «nicht zulässigen» Auslandsvergleich. Die Krankenkassen geben pro Jahr fast fünf Milliarden Franken für Medikamente aus. Santésuisse sieht ein Sparpotenzial von rund einer Milliarde Franken.

Generika sind in der Schweiz massiv überteuert. Sind das die Preistreiber?
Die Preistreiber sind die exorbitanten Preise für neue Medikamente. Ein Beispiel: Sovaldi, ein neues Medikament gegen Hepatitis C, kostet für drei Monate 70'000 Franken pro Patient. Das ist wahnsinnig viel Geld! Es gibt auch immer mehr Krebsmedikamente, die sehr teuer sind. Zum Teil wirken sie, aber nicht alle. Und die führen am Schluss dazu, dass die Medikamentenpreise so hoch sind.

Raten Sie den Leuten, ins Ausland zu gehen, Generika einzukaufen, den Packzettel zu behalten und den Versicherungen zu schicken?
Ja, wir geben die Empfehlung: Kaufen Sie Generika im Ausland! Viele Kassen erstatten den Betrag zurück. Mengenmässig macht dies aber nicht so viel aus. Besser wäre es, wenn der Bund die Preisregeln für Generika anders festlegen würde. So gäbe es mehr Wettbewerb bei Medikamenten, die keinen Patentschutz mehr haben.

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