Samih Sawiris' Wachstumsversprechen waren Luftschlösser
Orascom-Aktionäre verlieren Millionen

Seit Jahren dümpelt der Aktienkurs der Orascom Development Holding bei wenigen Franken. Jetzt nimmt der Sohn des ägyptischen Tourismus-Investors die Gesellschaft von der Börse. Im Gespräch nennt er die Gründe.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 09:01 Uhr
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Samih Sawiris übergab die Führung der Orascom Development Holding 2022 seinem Sohn Naguib.
Foto: STEFAN BOHRER

Auf einen Blick

  • Orascom-Aktionäre erleben ein Ende mit Schrecken. Rückzug von der Börse geplant
  • Samih Sawiris' Wachstumsversprechen erwiesen sich als Luftschlösser
  • Aktienkurs fiel von 152 Franken im Jahr 2008 auf 5.60 Franken heute
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Am ersten Handelstag, man schrieb das Jahr 2008, kletterte die Aktie der Orascom Development Holding auf 152 Franken. Deren Chef Samih Sawiris (67) machte grosse Versprechen: Er erwarte «hohe zweistellige Wachstumsraten» bei Umsatz und Gewinn – und das «mindestens» für die nächsten zehn Jahre, notierte die Zeitung «Finanz und Wirtschaft». Durch die Aktienausgabe flossen 668 Millionen Franken in die Kassen des Immobilien- und Tourismuskonzerns.

Heute werden den Minderheitsaktionären noch 5.60 Franken pro Aktie geboten – die Sawiris müssen dafür weniger als 90 Millionen Franken aufwenden. Der Rückkaufpreis verärgert bisherige Aktionäre. Der Andermatter Gewerbler und ehemalige Urner FDP-Landrat Ludwig Loretz nennt das Angebot eine «dreiste Sache». Damit werde «schamlos» ausgenutzt, dass der breite Markt das Interesse an Orascom verloren habe. Der Wert der riesigen Landreserven werde nicht berücksichtigt und «salopp weggelächelt».

Loretz meint damit mehr als 100 Millionen Quadratmeter Land, die Orascom zu einem sehr tiefen Wert bilanziert hat. In einer aktuellen Präsentation wird deren Wert allein im ägyptischen Badeort El Gouna mit 1,2 Milliarden Franken beziffert. Der Börsenwert der gesamten Gruppe liegt derzeit bei 333 Millionen Franken.

Luftschlösser von Samih Sawiris

Auf den Aktienkurs drückte auch der operative Kriechgang. Im Jahr 2008 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 568 Millionen Franken und einen Reingewinn von 116 Millionen. 2023 lag der Umsatz bei 655 Millionen, der Gewinn bei 54 Millionen. Die von Sawiris prognostizierten Wachstumsraten erwiesen sich als Luftschlösser. «Das Vehikel ist kaputt», sagt ein Portfoliomanager, der schon vor Jahren ausgestiegen ist. Ein Rückzug von der Börse sei zwar schlecht für die Kleinaktionäre, aber gut für die Sawiris. 

Seit 2022 ist Naguib Sawiris (34) Verwaltungsratspräsident von Orascom, der Sohn des charismatischen Gründers. Blick sprach mit ihm am Telefon über die Hintergründe. Sawiris junior erklärt, das Börsendebüt sei mit dem damaligen Ausbruch der Finanzkrise zusammengefallen. «Im Zuge der Turbulenzen gerieten alle Immobilientitel unter die Räder. Dann kam der Arabische Frühling, der in der Region für grosse Unsicherheit sorgte.» Für ein Unternehmen, das im Immobiliengeschäft tätig ist und eine starke Präsenz in Ägypten hat, seien dies «sehr schwierige Rahmenbedingungen».

Eine Vorentscheidung fiel vor zwei Jahren. Damals führte Orascom eine Kapitalerhöhung bei einem Aktienkurs von sieben Franken durch. «Rückblickend war ich sehr überrascht, frustriert und auch enttäuscht über die Reaktion des Marktes. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass die Aktie danach weiter fallen würde – aber genau das ist leider eingetreten.» Naguib Sawiris: «Wir mussten damals feststellen, dass weniger als fünf Prozent der Minderheitsaktionäre an der Kapitalerhöhung teilgenommen haben. Das war ein klares Zeichen dafür, dass das Interesse an der Aktie deutlich nachgelassen hatte.»

Fairer Wert bei 30 Franken?

Stellt sich die Frage, ob der Preis von 5.60 Franken den Wert von Orascom angemessen widerspiegelt. Kenner sehen eine faire Bewertung eher bei 30 Franken. Sawiris weist darauf hin, dass der angebotene Preis 40 Prozent über dem von UBS-Analysten genannten Preisziel und auch über der Wertbandbreite unabhängiger Experten liegt. «Positiv hat mich überrascht, dass die meisten Minderheitsaktionäre, mit denen ich in den letzten Wochen Kontakt hatte, unsere Entscheidung nachvollziehen konnten», sagt er. 

Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass seine Firma nicht beabsichtige, ein sogenanntes Squeeze-out-Verfahren durchzuführen. «Kein Aktionär wird gezwungen, uns seine Aktien zu verkaufen. Jeder, der Aktionär bleiben will, hat die Möglichkeit dazu», sagt Sawiris. Er ist überzeugt, das «Delisting» werde keine negativen Auswirkungen auf Andermatt haben – im Gegenteil.

Sawiris wörtlich: «Der Druck, quartalsweise Geschäftszahlen publizieren zu müssen, fällt weg. Dadurch kann sich unser Team vermehrt auf die langfristige strategische Ausrichtung konzentrieren.»

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