Die Bahnreise nach Andermatt UR ist umständlich. Wer von Luzern oder Zürich ins beschauliche Bergdorf möchte, muss drei Mal umsteigen. Seit drei Jahren ist das die Regel. Es ist eine direkte Folge der Eröffnung des neuen Gotthard-Basis-Tunnels.
Samih Sawiris (62) ist unzufrieden mit der Situation. Der ägyptische Geschäftsmann hat mehr als 1 Milliarde Franken in den Ausbau der Region investiert. Ein dreistelliger Millionenbetrag floss in die Erschliessung des Skigebiets. Für Tagestouristen ohne Auto ist die Anreise aber zu mühsam. Drei Mal umsteigen mit Ski, Skischuhen und Skistöcken: Das machen nur eingefleischte Liebhaber der Bahn.
Sawiris nimmt das Heft nun selbst in die Hand. Der Investor hat einen Vertrag mit den SBB abgeschlossen und Züge gemietet, inklusive Personal. Ab Mitte Dezember bis zum Ende der Wintersaison verkehrt jetzt jeden Samstag ein Extra-Zug von Zürich nach Göschenen UR – und zurück. Von dort geht es mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn weiter nach Andermatt. Ein Mal umsteigen statt drei Mal.
Ski-Halbtax-Abo für Andermatt
Sawiris lockt mit Kampfpreisen – unterbietet selbst die Tarife von Eurobus und den anderen Bus-Unternehmen. Das Zugticket kommt inklusive Skipass 84 Franken. Halbtax- oder GA-Besitzer erhalten das Päckli für 69 Franken. Das Angebot zielt auf Tagestouristen aus Zürich ab. Statt in die Flumserberge zu gehen, sollen die Unterländer mit Bernhard Russi (71) am Gemsstock Ski fahren.
Zum Vergleich: Nur schon das Skiticket für die Region kostet 84 Franken. Regulär. Aber auch hier geht Sawiris in die Offensive. Die Region Andermatt-Sedrun-Disentis lanciert Mitte Dezember ein Ski-Halbtax-Abo, wie BLICK weiss. Besitzer dieses Abos können beliebig viele Tageskarten zum halben Preis beziehen.
«Mit diesem Angebot belohnen wir die wiederkehrenden Gäste», so Sawiris. «Die Verhandlungen mit der SBB haben sich unkompliziert und partnerschaftlich gestaltet», sagt er. Der Ägypter ist «froh», dass bald die Extrazüge fahren und damit eine seit Jahren unbefriedigende Situation entschärft wird.
Das Kalkül von Sawiris
Die Aktion folgt auf eine Reihe von Discount-Angeboten anderer Destinationen. Der Kampf um die Wintertouristen hat sich in den letzten Jahren verschärft. Am weitesten ist die Region Saas-Fee VS gegangen, die im November 2016 ein Saisonabo für den Symbolpreis von 222 Franken verscherbelte. Drei Winter lang versuchte die Walliser Destination, mit Dumping-Preisen zu punkten – und musste letztlich mit einer Millionenspritze aus Österreich gerettet werden.
Sawiris macht eine andere Rechnung. Das von ihm kontrollierte Unternehmen betreibt auch die Bergbahnen in der Region – plus über ein Dutzend Gastrobetriebe am Berg, zwei Restaurants im Dorf, mehrere Hotels in Andermatt und eine Schneesportschule.
Die Überlegung des Investors: Die Hürden für die Anreise in die Region müssen so tief wie möglich sein. Das hilft bei der Auslastung aller anderen Betriebe. So füllen sich die Gaststätten, Hotels und Skischulen auf lange Sicht. Und deshalb macht der Ägypter in diesem Winter auf Staatsbahn: mit Extrazügen und eigenem Ski-Halbtax-Abo.