Salt-Chef Andreas Schönenberger wirbt für ein leistungsfähiges Netz
Ein digitaler Graben droht

Der Bundesrat will die Schweiz zum digitalen Musterland machen. Dazu brauche es aber mehr Verständnis für die Anliegen der Handynetz-Betreiber, mahnt Salt-Chef Andreas Schönenberger.
Publiziert: 11.06.2017 um 21:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:28 Uhr
Andreas Schönenberger am Sitz von Salt in Zürich. Der Hauptsitz ist in Renens VD.
Foto: Mirko Ries
Interview: Christian Kolbe

Sie waren beim Internet-Giganten Google, nun sind Sie bei Salt in der Schweiz. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Andreas Schönenberger:
Google ist einer der Platzhirsche in der Internetwelt, Salt dagegen ist der Herausforderer im Schweizer Telekommarkt. Das reizt mich an der Aufgabe als Konzernchef.

Welche Rolle spielt Xavier Niel, der Besitzer von Salt?
Eine sehr grosse. Denn er ist ein Unternehmer, der sagt, Digitalisierung müsse für jedermann erschwinglich sein. Deshalb bringt Salt mit günstigen Angeboten Schwung in den Markt. Es soll kein digitaler Graben entstehen. Nicht nur Reiche sollen sich Mobiltelefonie für die ganze Familie leisten können, sondern auch alle anderen in der Schweiz.

Die Schweiz ist kein armes Land. Droht da wirklich ein digitaler Graben?
Auch in der Schweiz sind die Einkommen ungleich verteilt. Die Mobiltelefonie ist eine Schlüsselinfrastruktur für unser Land – wie Wasser, Strom und Verkehrsnetze. Deswegen muss sie zu einem Preis zur Verfügung gestellt werden, den sich jeder leisten kann. Noch vor ein paar Jahren gab eine vierköpfige Familie schnell mal 800 Franken im Monat für Handygebühren aus. Wir haben heute Ange­bote, die bei rund 200 Franken für eine Familie liegen.

Nicht nur bei Salt, auch bei den anderen Anbietern sind die Preise gefallen.
Tatsache ist, dass über viele Jahre bei den Preisen nichts passiert ist. Da braucht es eben einen Herausforderer wie Salt, der den Markt aufmischt. Im europäischen Vergleich muss sich die Schweiz nicht verstecken, gerade im Bereich der unlimitierten Angebote – also der sogenannten Flatrate.

Stichwort Europa: Eben hat die EU durchgesetzt, dass die Roaming-Gebühren nach jahrelangem Kampf fallen. Das gilt für die meisten Europäer, nur nicht für die Schweizer. Sind wir einmal mehr die Blöden, die abgezockt werden?
Wir profitieren nicht von den in der EU ab Mittwoch geltenden Grosshandelspreisen und müssen die Einkaufspreise für Roaming-Dienstleistungen mit allen Partnern individuell verhandeln. Im Wissen um sinkende Roaming-Einkünfte im EU-Geschäft verlangen Anbieter aus der EU von uns sogar häufig mehr.

Der Preis ist das eine. Wie sieht es denn in Sachen Netzqualität aus?
In internationalen Vergleichsstudien schneidet die Schweiz immer sehr gut ab. Das gilt für alle Schweizer Anbieter und ist in Anbetracht der Topografie des Alpenraums eine bemerkenswerte Leistung. Und im Gegensatz zu Österreich sind die Strahlungsgrenzwerte in der Schweiz um ein Vielfaches tiefer.

Trotzdem sind Sie mit den Grenzwerten nicht zufrieden. Wo liegt denn das Problem, wenn die Qualität stimmt?
Es braucht eine bessere Aufklärung der Bevölkerung darüber, was diese Grenzwerte überhaupt sind und wie es im Vergleich mit dem Ausland aussieht. Diese Aufklärung ist nötig, damit die Strategie Digitale Schweiz, wie sie der Bundesrat verabschiedet hat, überhaupt umsetzbar ist. Will man diese Strategie wirklich ernst nehmen, dann braucht es höhere Strahlungsgrenzwerte für Antennenstandorte – zur Leistungssteigerung der Netze.

Das digitale Schicksal der Schweiz hängt von ein paar Grenzwerten ab?
Grenzwerte spielen in der Tat eine wichtige Rolle. Genau wie bei anderen Infrastrukturen sehen wir, dass wir an Grenzen kommen, wenn nicht die richtigen Massnahmen ergriffen werden. Dazu gehört eine Erhöhung der Grenzwerte. Es droht ein Stau auf der mobilen Datenautobahn – und das hat negative Folgen für den digitalen Lifestyle und die Arbeitsplätze. Denn die Kombination von Mobilität und Erreichbarkeit der Mitarbeiter ist für Firmen, gross und klein, unerlässlich geworden.

Was wäre denn in den Augen eines Mobilfunkanbieters ein vernünftiger Grenzwert?
Man sollte die heutigen Grenzwerte verdreifachen und dann gleichmässig unter den Anbietern aufteilen. Dieser Grenzwert läge aber immer noch um einiges tiefer als zum Beispiel in der EU. Heute schöpft der erste Anbieter, der in einer bestimmten Region eine Antenne aufstellt, oftmals 80 bis 90 Prozent des Grenzwerts in diesem Gebiet aus. Da bleibt für die anderen nicht mehr viel übrig. Die Erhöhung des Grenzwerts und eine gleichmässige Verteilung auf alle Anbieter würden den Wettbewerb fördern – und damit auch die Qualität von Verbindung und Kapazität verbessern.

Die Anforderungen an das Mobilfunknetz steigen. Gibt es überhaupt genügend Antennenstandorte?
Die gibt es. Es darf aber nicht sein, dass Bund, Kantone und Gemeinden sowie ihnen nahestehende Betriebe ständig mehr Miete für Antennen­standorte verlangen. Bereits heute bezahlen wir für denselben Standort einen deutlich höheren Mietzins als Betriebe aus dem Bereich Elektrizität oder Energie.

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