Rössli verschwindet, Döner-Imbiss kommt
Auf dem Land sterben die Beizen aus

Das viel genannte Beizensterben ist real. Seit 2013 schliessen mehr Restaurants, als neue aufgehen. Gastro-Experte Leo Egloff sieht die Schuld bei den Beizern. Sie hätten den Fastfood-Trend verschlafen und verlangten zu hohe Preise.
Publiziert: 17.11.2017 um 11:31 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:26 Uhr
Für Restaurants auf dem Land ist es heute schwieriger geworden (Symbolbild).
Foto: GABRIELA BATTAGLIA
Bastian Heiniger

Kein Wunder, haben Sendungen wie «Bumann der Restauranttester» Erfolg. Denn viele traditionelle Wirtschaften leiden. Sie brauchen Unterstützung, um zu überleben.

Oft aber kommt jede Hilfe zu spät. Dieses Jahr haben bereits 534 Restaurants Konkurs angemeldet. Im 2014 waren es noch 478 Pleiten, wie Zahlen des Wirtschaftsinformationsdienstes Bisnode D&B zeigen.

Zwar eröffneten immer wieder auch Restaurants. Auffällig aber: Seit 2013 gehen mehr Beizen zu, als neue aufmachen. 2015 lag der Saldo von Neueröffnungen und Schliessungen mit 500 Lokalen im Minus. Das viel genannte Beizensterben existiert tatsächlich.

Einkaufsstrassen werden zu Gastromeilen

Eigentlich kaum zu glauben, wandeln sich doch Einkaufsstrassen in den Städten immer mehr zu Gastromeilen. Konsumenten finden dort vor allem Fastfood-Anbieter – von Burger-Läden, Kebab-Buden, Salat-Bars bis zu Asia-Imbissen.

Betroffen vom Beizensterben sind ländliche Gebiete. «Die klassischen Dorfbeizen sterben aus», bestätigt Gastronomie-Experte Leo Egloff (77) im Gespräch mit BLICK. In den letzten 20 Jahren seien Zehntausende Schnellverpfleger aufgegangen, während Zehntausende traditionelle Beizen kaputtgingen.

Laut Egloff, der in den 80er-Jahren für die Silberkugel-Restaurants, die erste Schweizer Fastfood-Kette, verantwortlich war, hätten die klassischen Wirte viel früher reagieren und in den Markt mit Fastfood und Take-away einsteigen sollen. Das Problem: Den Gästen fehlt über den Mittag die Zeit, und die klassischen Restaurants seien schlicht zu teuer.

Egloff rechnet vor: Ein Teller Spaghetti habe einen Warenwert von 1.50 bis 1.80 Franken. Verkauft werde er für 22 bis 28 Franken. «Solche Kalkulationen sind Wucher!», empört er sich.

Sind die Wirte selbst schuld?

Die Wirte auf dem Land haben die schwierige Lage also selbst verschuldet? Daniel Borner (53), Direktor des Branchenverbands Gastrosuisse, widerspricht Egloff: «Dieser Gedankengang greift zu kurz, wenn man meint, dass die Preise im Restaurant aufgrund der Take-away-Angebote drastisch gesenkt werden sollen.»

Die Margen seien gerade in der Mittagsverpflegung knapp berechnet, sagt Borner. «Die Schnellverpflegung mit einem guten gastronomischen Angebot zu vergleichen, ist wie Ferien am Ballermann einem Aufenthalt auf Mauritius gegenüberzustellen.»

Gastrosuisse betont zudem den hohen Kostendruck. Mehr als die Hälfte der Einnahmen gehe für Personalkosten drauf. Stossend seien jedoch die ungerechtfertigten Schweiz-Zuschläge ausländischer Hersteller. Mit der Fair-Preis-Initiative, die der Verband Mitte Dezember einreicht, will er dagegen ankämpfen. 

Neben den Kosten sieht Maurus Ebneter (54) vom Wirteverband Basel-Stadt noch andere Gründe für das Beizensterben: «Der Löwen, Bären oder Hirschen waren früher Mainstream, heute werden sie eher zu einer Nische.»

Gewandelt hat sich laut Ebneter auch das Bedürfnis der Konsumenten. In manchen Dörfern beschränke sich das gastronomische Angebot nur noch auf einen Tankstellenshop und einen Imbissstand im Gewerbegebiet. Der Kebab hat Schnipo in der Dorfbeiz verdrängt.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.