Vor zwei Wochen kündigte der Basler Pharmakonzern Roche ihn an – jetzt steht er vor der Freigabe: der neue Antikörpertest zur Erkennung von Personen, die mit dem Coronavirus infiziert wurden. Voraussetzung ist die Zulassung durch die amerikanische Food and Drug Administration (FDA). Die Genehmigung ist zum Greifen nah, wie Roche SonntagsBlick bestätigt: «Wir erwarten die Autorisierung in den nächsten Tagen.»
Der Blutplasma-Test erkennt die Antikörper, die der menschliche Organismus nach einer Infektion gegen das Coronavirus gebildet hat. Das macht ihn zu einem weltweit begehrten Gut. Denn: Bei einer Corona-Infektion gibt es keinen typischen Krankheitsverlauf. Deshalb haben viele Menschen eine Infektion hinter sich, ohne es zu wissen.
Zeit bis Normalisierung berechenbar
«Mit dem Test lässt sich feststellen, wie viele Menschen in der ersten Welle tatsächlich Kontakt mit dem Virus hatten», sagt Andreas Cerny, (64), Virologe am Corona-Referenzspital Moncucco in Lugano TI. Dann klären sich auch Fragen wie diejenige, ob Kinder wirklich kaum infiziert werden können. «Gleichzeitig lässt sich eruieren, wie weit wir von der sogenannten Herdenimmunität entfernt sind.» Sie ist die Bedingung für eine komplette Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens.
Ein positiver Testbefund bedeutet jedoch keine Immunitätsgarantie. «Der Test zeigt, ob man Kontakt mit dem Virus hatte», sagt der Epidemiologe Marcel Tanner (67) vom Schweizer Tropen- und Public-Health-Institut Basel. «Er zeigt hingegen nicht, ob man immun gegen eine erneute Ansteckung ist.» Dazu muss überprüft werden, ob die Antikörper das Virus auch neutralisieren können. «In diesem Bereich besteht aber noch ein Defizit an Wissen», sagt Virologe Cerny. «Es liegen noch nicht genügend Daten vor.»
Viele Tests sind unzuverlässig
Weltweit sind bereits 80 verschiedene Antikörpertests im Umlauf. Doch viele von ihnen sind unzuverlässig. «Das liegt daran, dass sie anhand von Proben von nur wenigen, teils lediglich 50 Patienten entwickelt wurden», sagt Michael Nawrath (57), Pharma-Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. «Dem neuen Test von Roche hingegen liegen doch Tausende Patientenproben zugrunde.
Er ist sehr zuverlässig und zeigt eine Sensitivität von über 95 Prozent und eine Spezifität von über 99 Prozent.» Was er damit meint: Der Elecsys-Anti-Sars-CoV-2-Test von Roche erkennt 95 von 100 Fällen, bei denen tatsächlich eine Covid-Infektion vorlag. Und er identifiziert 99 Prozent all jener, die nie mit dem Virus in Kontakt waren.
Gutes Geschäft für Roche
Der Roche-Test wird in Form von Test-Kits ausgeliefert und kann nur auf Geräten des Pharmariesen durchgeführt werden. 40'000 davon gibt es in Labors und Spitälern weltweit. Stückpreis: zwei Millionen Franken. Analyst Nawrath: «Die Geräte sind schnell amortisiert. Aber mit den Test-Kits macht Roche natürlich schon ein Geschäft.»
Angesichts der weltweiten Engpässe sind Streitigkeiten um die Zuteilungen vorprogrammiert. «Am Anfang wird es schwierig sein, an die Tests zu kommen», sagt Nawrath. «Die Nachfrage ist gross.»
Das dürfte in den kommenden Tagen auch für die Roche-Aktie gelten.