Der Pharmakonzern Roche hat einen neuen Test zum Nachweis des Coronavirus entwickelt. Er erlaubt erstmals die schnelle und breite Diagnose des Virus. Institutionen, die über die entsprechende Diagnostik-Infrastruktur verfügen, können so über 4000 Proben innerhalb von 24 Stunden untersuchen, wie Roche-Chef Severin Schwan (52) zu BLICK sagt.
«Das Problem bislang war, dass die Corona-Tests sehr personalintensiv sind», sagt Schwan. Experten könnten nur ein paar Dutzend Proben am Tag testen. «Der neue Test ist hochautomatisiert.»
Die Probenahme beim Patienten bleibt gleich. Ein Abstrich im Rachen oder im Nasenraum ist notwendig, um auf das Virus zu testen. Den eigentlichen Nachweis, ob jemand erkrankt ist oder nicht, erbringen anschliessend die Diagnostik-Maschinen des Pharmakonzerns – und zwar innert weniger als vier Stunden.
Roche chartert Flugzeuge
Die für den Nachweis notwendigen Maschinen sind Schweizer Produkte. Sie erinnern in Form und Grösse an eine hochmoderne Schleifmaschine für Skier und sind seit Jahren in der medizinischen Diagnostik etabliert. Die Maschinen kamen auch zum Einsatz, als Roche notfallmässig einen Test für das Zika-Virus entwickelte. In der Schweiz stehen über 20 Maschinen. Die wichtigsten Spitäler sind damit ausgerüstet. Theoretisch wären damit 80'000 Tests pro Tag möglich.
Die Tests selbst werden in den USA produziert. Die Nachfrage danach ist hoch. Sie geht laut Schwan in die Millionen. «Die Nachfrage übertrifft das Angebot klar», sagt der Ökonom, der seit 1993 bei Roche arbeitet und seit 2008 den Konzern leitet.
Roche hat deshalb die Produktion hochgefahren. «Wir arbeiten im Schichtbetrieb, rund um die Uhr», sagt Schwan. Und: «Wir chartern Flugzeuge, um die Versorgung sicherzustellen.» Die Reisebeschränkungen sind dabei kein Problem. Sie gelten nur für den Personenverkehr. Der Warenverkehr für medizinische Güter läuft weiterhin uneingeschränkt. Schwan erinnert sich an einen Flieger mit 80 Tonnen Material für China.
«Hut ab» vor den Behörden
Was bedeutet das alles unterm Strich? «Die Versorgung der Gesundheitssysteme ist im Fokus», sagt Schwan. «Der medizinische Bedarf steht im Vordergrund. Die Kosten für den Test sind nur ein Bruchteil der Kosten für die Diagnose. Der Grossteil sind das Personal und die Infrastruktur. Für Roche als Konzern sind die Verkaufszahlen des neuen Corona-Tests von untergeordneter Bedeutung.»
Wichtiger, so Schwan, sei der Ruf des Unternehmens bei den Kunden und Behörden. «Wir schaffen damit viel Goodwill bei Spitälern und Regierungen. Das wird sich langfristig auszahlen.»
Bei der Entwicklung des neuen Tests hat der Konzern eng mit den Gesundheitsbehörden diverser Länder zusammengearbeitet. Schwan, der sich gern zu politischen Themen äussert, findet dabei viel Lob für die Beamten. Auch für jene des Bundesamts für Gesundheit. Und für die Schweizer Regierung. «Der Bundesrat und die Behörden machen einen guten Job», so der Roche-Chef. «Sie kommunizieren gut in einer wirklich schwierigen Krisensituation. Regelmässig und ausführlich. Ich muss sagen: «Hut ab.»
Patienten weiterhin priorisieren
Sind jetzt nicht flächendeckende Tests angesagt? Schwan verneint. Auch mit Blick auf den neuen Test von Roche sei es nicht möglich, die ganze Bevölkerung zu screenen. Die Infrastruktur käme ans Limit. «Wir können Erleichterung schaffen. Aber es gibt weiterhin einen grossen Nachfrageüberhang. Es ist immer noch sinnvoll, die Patienten zu priorisieren», sagt Schwan.
Und wie hält er es in der eigenen Firma? «Viele Mitarbeitende können von zuhause aus arbeiten», sagt Schwan. In der Forschung und der Produktion sei es natürlich wichtig, vor Ort zu sein. Aber wer im Betrieb ist, für den gälten die allgemeinen Schutzmassnahmen. Das sind: regelmässiges Händewaschen, Distanz wahren, bei Symptomen zuhause bleiben.
«Das gilt im Übrigen auch für mich», sagt Schwan. «Händeschütteln ist tabu. Und ich verzichte auf Reisen.»