Unter den Top-Shots der Schweizer Wirtschaft gehört Roche-Präsident Christoph Franz (57) am WEF zu den Ausnahmeerscheinungen: Er nutzt die Zeit in Davos nicht für Deals im Hinterzimmer, sondern nimmt an den Veranstaltungen teil. BLICK traf ihn am Donnerstag zum Frühstück.
BLICK: Herr Franz, mit der Ankunft von Donald Trump befindet sich das WEF im Ausnahmezustand. Was erwarten Sie von seinem Besuch?
Christoph Franz: Ich erwarte, dass er den Dialog sucht mit der Wirtschaft und anderen Staatschefs. Das sehe ich als positives Signal. Wenn wir ein Interesse haben, die Vernetzung und den Freihandel zu fördern, dann ist nichts so wichtig wie der Dialog.
Werden Sie Trump treffen?
Nein, da sind noch einige Hundert andere Leute hier, die ihn ebenfalls treffen wollen. Aber wir stehen mit der Trump-Regierung in Kontakt. Kürzlich habe ich US-Handelsminister Wilbur Ross in Washington getroffen. Gestern sah ich ihn in Davos wieder.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht mit der Trump-Regierung?
Die Befürchtungen, dass Trump der Pharma-Branche schaden könnte, sind nicht eingetroffen. Im Gegenteil, wir sehen neue Chancen: Die US-Zulassungsbehörde für Medikamente will die Zeit verkürzen, bis neue innovative Medikamente auf den Markt kommen. Das liegt im Interesse der Patienten und natürlich auch unserer Branche.
Können die Europäer von Trump lernen?
Durchaus. Europa hinkt bei der Zulassung neuer Medikamente meist sechs bis zwölf Monate hinter den USA her. Bis die Erstattung der Arzneien durch die Krankenkassen geregelt ist, entstehen weitere Verzögerungen. Da hat Europa Nachholbedarf.
Firmenchefs und Märkte zeigen sich extrem optimistisch. Übertreiben sie?
Schwierig zu sagen. Positiv ist, dass der Aufschwung durch Investitionen getragen wird und nicht durch Konsum. Insofern handelt es sich um ein gesundes Wachstum. Solange sich dieses in wirtschaftlichem Erfolg und höheren Gewinnen niederschlägt, ist der Optimismus gerechtfertigt.
Wo liegen die grössten Risiken?
Viele Länder sind noch immer höher verschuldet, als es langfristig tragbar wäre. Wenn nun das Wachstum anhält, werden die Inflationsgefahren steigen und die Zentralbanken die Zinsen anheben. Das kann für Länder mit hoher Verschuldung zum Problem werden.
Was hat Sie bis jetzt am meisten beeindruckt am WEF?
Spannend finde ich, dass die EU durch den Brexit zusammenrückt. Die Kritik an der EU ist verstummt, der Wert internationaler Zusammenarbeit wird höher eingeschätzt. Die englische Wirtschaft ist sehr unglücklich über die Folgen des Brexit.