Ringier-Finanzchefin wirbt für gerechten Lohn für Frauen
«Verhandle so, als wärs für deine beste Freundin»

Am Sonntag, 8. März, ist Weltfrauentag. Viele nutzen ihn, um auf der Strasse für Gleichstellung zu demonstrieren. Braucht es dies noch?
Publiziert: 06.03.2020 um 23:30 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2020 um 18:00 Uhr
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Annabella Bassler ist Finanzchefin der Ringier-Gruppe.
Foto: Thomas Meier
Interview: Flavia Schlittler, Fotos: Thomas Meier

Annabella Bassler (42) ist Mutter, Finanzchefin und Initiantin von EqualVoice. Die Initiative hat zum Ziel, Frauen in den Medien sichtbarer zu machen. Mit BLICK spricht sie über den Internationalen Frauentag, Feminismus und Frauenlöhne.

Morgen ist Weltfrauentag. Braucht es diesen Tag noch?
Annabella Bassler:
Allein die Diskussion, ob es diesen Tag noch braucht oder nicht, zeigt doch, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen wollen und sollten. Solche Anlässe geben die Chance, eine Standortbestimmung zu machen. Stehen wir bereits dort, wo wir punkto Gleichstellung sein wollen? Sie ist heute noch nicht selbstverständlich, noch lange nicht erreicht, dafür müssen wir kämpfen. Freundlichkeit und Fleiss reichen nicht aus. Wir brauchen Hartnäckigkeit, Durchsetzungskraft und auch die Bereitschaft zum Konflikt. Das ist mindestens ebenso nötig. Und wir brauchen viel Solidarität – von Frauen untereinander, aber auch von emanzipierten Männern, die verstanden haben, dass Gleichberechtigung am Ende auch ihnen nützt.

Wie werden Sie den Sonntag verbringen?
Erst nehme ich an einem Frauen-Talk bei Blick TV teil, dann bin ich mit Familie und Freunden. Wir werden essen, gute Gespräche führen, mit den Kindern draussen spielen. Es wird ein lustiger Familien-Freunde-Anlass.

Zeitgleich finden feministische Demonstrationen statt. Am 14. Juni 2019 gingen in der Schweiz Hunderttausende Frauen unter anderem für Lohngleichheit und gleiche Karrierechancen auf die Strasse. Waren Sie dabei?
Nein. Ich habe jedoch den Frauenstreik und die entsprechende Berichterstattung aktiv und mit grossem Interesse verfolgt. Zu dieser Zeit war EqualVoice bereits in Vorbereitung. Uns ging es um die Fragestellung, was und wie wir bewegen wollen. Hier ging es von Anfang an um die aktive Gestaltung: Raus aus der Opferrolle, rein in die Gestalterinnenrolle.

Was ist daraus geworden?
Wir haben erste Schritte in der Gleichstellung von Frauen und Männern erfolgreich absolviert, aber unser Weg ist noch lange nicht zu Ende. Es gibt noch genügend Luft nach oben, um Frauen und Männern die gleiche Stimme zu geben. Aus diesem Grund haben wir, als eines der grössten internationalen Medienunternehmen in der Schweiz, die Initiative EqualVoice lanciert. Denn auch in der medialen Berichterstattung gibt es noch immer ein Ungleichgewicht.

Bezeichnen Sie sich selbst als Feministin?
Nein. Ich setze mich lediglich dafür ein, dass Frauen und Männer die gleiche Stimme haben und auf Augenhöhe miteinander umgehen.

Der Feminismus hat ein Image-Problem, oft rückt er ins Extreme.
Er war immer eine polarisierende Bewegung, wie sollte es anders sein: Feminismus stellte jahrhundertealte Konventionen – einer männerdominierten Welt – infrage. Ohne die feministische Bewegung, und zwar inklusive der extremen Positionen, hätten viele wichtige Veränderungen nicht stattgefunden.

Welchen Hürden begegneten Sie auf Ihrem Karriereweg?
Ich hatte das Glück, dass ich nie mit Benachteiligung konfrontierte wurde. Ich wurde gefordert und gefördert. Natürlich fällt mir auf, dass ich häufiger darauf angesprochen werde, dass ich CFO und Mutter bin, als dies einige meiner männlichen Kollegen werden. Ich spreche aber gerne darüber, dass ich sowohl Finanzchefin als auch Mutter eines sechsjährigen Sohnes bin. Ich bin überzeugt, dass Rollenmodelle und deren Sichtbarkeit wichtig sind. Dass man Mütter und Väter sieht, die Familie und Beruf vereinen. Das bestärkt uns doch darin, dass das vermeintlich Unmögliche ja doch möglich ist.

Mütter, die Karriere machen, werden immer wieder gefragt, wie sie dies schaffen. Vätern stellt man diese Frage selten bis nie. Wie sehen Sie das?
Es ist wichtig, dass man sich bei solchen Themen immer wieder fragt: Stellen wir diese Frage auch einem Mann? Wenn die Antwort Ja ist, dann hat die Frage ihre Berechtigung; wenn die Antwort Nein ist, müssen wir uns alle nochmals überlegen, weshalb wir diese Frage nur einer Frau stellen. Ich finde es wichtig, dass Frauen ihren Wert kennen, ihr Potenzial erkennen und entsprechend selbstsicher gegen aussen auftreten. Und wenn es um Lohnverhandlungen geht: Versetze dich immer in die Lage, als wenn du für deine beste Freundin verhandeln würdest – es wird dir noch besser gelingen.

Was ist Ihr grösster Wunsch für die Gesellschaft?
Wenn wir uns hier an die Politik richten, dann sollten wir uns mit Fragen des Steuersystems oder auch Ganztagsschulen auseinandersetzen. In Bezug auf unsere Gesellschaft stellt sich ein Grundsatz: Wie wichtig ist es, ein Bewusstsein zu schaffen, dass es nicht um die Gleichartigkeit von Frauen und Männern geht, sondern um die Gleichwertigkeit. Da kommt die Wichtigkeit der Kommunikation ins Spiel: Sprecht miteinander und hört euch gegenseitig zu!

Yoga und brasilianische Küche

Annabella Bassler (42) ist seit Juni 2012 Finanzchefin (CFO) der Ringier AG. Zusätzlich verantwortet sie die Aktivitäten von Ringier in Rumänien und ist Mitglied des Verwaltungsrats der Ticketcorner AG. Sie absolvierte ihr Wirtschaftsstudium in Oestrich-Winkel (D), Buenos Aires und Los Angeles mit anschliessendem Doktorat. Die Mutter eines sechsjährigen Buben wurde in Brasilien geboren, lebt heute im Kanton Zürich. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit ihrer Familie in der Natur, sie praktiziert Yoga und kocht gerne brasilianisch.

Annabella Bassler (42) ist seit Juni 2012 Finanzchefin (CFO) der Ringier AG. Zusätzlich verantwortet sie die Aktivitäten von Ringier in Rumänien und ist Mitglied des Verwaltungsrats der Ticketcorner AG. Sie absolvierte ihr Wirtschaftsstudium in Oestrich-Winkel (D), Buenos Aires und Los Angeles mit anschliessendem Doktorat. Die Mutter eines sechsjährigen Buben wurde in Brasilien geboren, lebt heute im Kanton Zürich. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit ihrer Familie in der Natur, sie praktiziert Yoga und kocht gerne brasilianisch.

BLICK und EqualVoice

Weltweit schreiben Medien in 82 Prozent der Artikel über Männer, nur 18 Prozent handeln von Frauen. In der Schweiz liegt dieser Anteil bis anhin mit 25 Prozent nur gering höher. EqualVoice, eine von Annabella Bassler initiierte und von der Ringier-Gruppe lancierte Initiative, hat das Ziel, die Sichtbarkeit von Frauen in der Medienberichterstattung zu erhöhen und den Frauen die gleiche Stimme zu geben. Bei BLICK sind wir im November 2019 bei 25 Prozent gestartet und sind jetzt bei 32 Prozent. Bis zum Sommer erwarten wir, dass sich der EqualVoice-Faktor auf 35 Prozent erhöhen wird.

Weltweit schreiben Medien in 82 Prozent der Artikel über Männer, nur 18 Prozent handeln von Frauen. In der Schweiz liegt dieser Anteil bis anhin mit 25 Prozent nur gering höher. EqualVoice, eine von Annabella Bassler initiierte und von der Ringier-Gruppe lancierte Initiative, hat das Ziel, die Sichtbarkeit von Frauen in der Medienberichterstattung zu erhöhen und den Frauen die gleiche Stimme zu geben. Bei BLICK sind wir im November 2019 bei 25 Prozent gestartet und sind jetzt bei 32 Prozent. Bis zum Sommer erwarten wir, dass sich der EqualVoice-Faktor auf 35 Prozent erhöhen wird.

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EqualVoice:
Am 25. November 2019 wurde die Initiative EqualVoice von der Ringier Gruppe lanciert, mit dem Ziel, die Sichtbarkeit von Frauen in der Medienberichterstattung zu erhöhen und ihnen die gleiche Stimme zu geben. Initiantin ist Ringier-CFO Dr. Annabella Bassler gemeinsam mit dem EqualVoice Kernteam bestehend aus Katia Murmann (Chefredaktorin Blick Digital), Nina Ranke (Leiterin Wirtschaftsmedien) und Sabina Hanselmann-Diethelm (Chefredaktorin Bolero / Style). Die EqualVoice Initiative wird von Verleger Michael Ringier und CEO Marc Walder präsidiert und von allen Chefredaktionen, den Mitarbeitenden und Geschäftsleitungsmitgliedern der Ringier-Gruppe unterstützt. Zudem konnte ein hochkarätiges Advisory Board gewonnen werden: Simona Scarpaleggia (IKEA), David Allemann (On), Nicole Burth (Adecco), Ingrid Deltenre (Medienmanagerin), Christiane zu Salm (Medienunternehmerin), Franziska Tschudi Sauber (Weidmann Holding AG), Tanja Grandits (Sterneköchin) und Carolina Müller-Möhl (Müller-Möhl Foundation) sowie Dr. Sabine Keller-Busse (UBS).

Kern der Initiative ist der EqualVoice-Factor. Er liefert den Redaktionen eine Datenbasis über den Frauen- und Männeranteil in den Artikeln der Titel von Ringier und Ringier Axel Springer Schweiz. In den Redaktionen wurden Projektteams zusammengestellt, die den EqualVoice Faktor in den Redaktionsalltag implementieren. Im laufenden Jahr wird ein Sondermagazin und eine Eventreihe zu Gleichstellungsthemen lanciert. Ausserdem befindet sich eine gruppenweite Expertinnenliste im Aufbau und eine Foto-Challenge gemeinsam mit der Organisation womenbiz um die Realität von Frauen und Männern in der Arbeitswelt abzubilden.

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