Rindfleischkrise
Die Kuhschweiz gibts bald nicht mehr

Kuhfleisch ist Mangelware. McDonald's gibt seinen Burgern nun Fleisch von österreichischen Kühen bei. Grund ist der tiefe Milchpreis. Die Kuhhaltung lohnt sich nicht mehr für die Bauern.
Publiziert: 28.07.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:23 Uhr
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Im Burger von McDonald’s steckt im Sommer 20 Prozent Fleisch aus Österreich.
Foto: MCDonalds
Guido Schätti

Hätte die Schweiz ein Wappentier, die Kuh hätte ihren Platz auf sicher. In keinem anderen Tier steckt mehr Schweiz als in den trägen, aber gutmütigen Wiederkäuern. Doch Schweizer Kühe gibt es immer weniger. Innert drei Jahren ist ihr Bestand von knapp 600'000 auf 562'000 gefallen – ein Rückgang von mehr als sechs Prozent.

Milch gibt es weiterhin genug – denn die braven Tiere geben Jahr für Jahr mehr Milch. Doch Kuhfleisch ist Mangelware. Der Fast-Food-Riese McDonald’s, der bis anhin seine Burger aus Schweizer Kuhfleisch produzierte, weicht nach Österreich aus. 170 Tonnen Kuhfleisch kauft McDonald’s diesen Sommer im Nachbarland. Das sind 20 Prozent des Bedarfs der nächsten zwei Monate.

Ins Ausland treibt McDonald’s der Preis: 8.50 Franken kostet derzeit ein Kilo Schweizer Kuhfleisch im Grosshandel. «Das ist ein historisches Hoch», sagt Heinrich Bucher (55), Direktor des Fleischfachverbandes Pro­viande. Die Entwicklung sei ungesund. Früher oder später werde sie auf die Konsumentenpreise durchschlagen. Der Kilopreis für Fleisch von jüngeren Tieren liegt mit 9.40 Franken nur wenig höher.

McDonald’s hätte die Preise seiner Hamburger, Cheeseburger und Big Macs erhöhen müssen, hätte man weiterhin alles Fleisch in der Schweiz bezogen. Das wollte der grösste Fleischabnehmer in der Schweizer Gastronomie seinen Kunden aber nicht zumuten: «Wir wollen nicht noch mehr Schweizer zum Konsumieren im Ausland animieren», sagt McDonald’s-Sprecherin Aglaë Strachwitz (35).

Immer mehr Milchbauern hängen den Melkstuhl an den Nagel

Dass der Schweiz die Kühe ausgehen, liegt am tiefen Milchpreis. Weniger als 50 Rappen bekommen die Bauern für einen Liter Molkereimilch. Um anständig leben zu können, bräuchten sie das Doppelte. Folge: Immer mehr Milchbauern hängen den Melkstuhl an den Nagel und schicken die Kühe auf die Schlachtbank.

Das erhöhte zwar zeitweise das Angebot an Kuhfleisch, doch im Sommer bekommt die Fleischbranche den geschrumpften Tierbestand mit doppelter Schärfe zu spüren. Denn jetzt befinden sich viele Kühe auf der Alp – und damit weit weg von den Schlachthöfen. Entsprechend werde Kuhfleisch im Hochsommer noch knapper, sagt Thomas Jäggi (54), Viehspezialist beim Schweizer Bauernverband.

In Zukunft könnte sich die Situation noch verschärfen. Der Fleischpreis wirkt für die Milchbauern wie eine Prämie, um aus dem Geschäft auszusteigen. Doch auch wenn der Milchpreis steigt, kommt keine schnelle Besserung. «Der Engpass wird sich eher noch verschärfen, weil die Bauern dann die Kühe nicht mehr weggeben», sagt Jäggi.

Doch nicht nur das Fleisch für Burger und Würste fehlt. Früher oder später wird auch Fleisch für Edelstücke – im Fachjargon Bankfleisch – knapp. Denn mit den Mutterkühen geht auch die Zahl der Kälber und Rinder zurück. Auf das Plätzli müssen Schweizer Konsumenten trotzdem nicht verzichten, wohl aber auf das Gütesiegel «Suisse Garantie». «Es hat weniger Schweizer Fleisch auf dem Markt, aber Importe verhindern, dass das Fleisch im Laden knapp wird», sagt Jäggi.

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