Seit Montag befindet sich der argentinische Peso im freien Fall – wieder einmal. Eigentlich zerfällt die Landeswährung schon seit Monaten. Doch nach der Krise der türkischen Lira in den letzten Wochen sinkt das Vertrauen der Investoren auch in andere Schwellenländer. Das trifft nun vor allem Argentinien.
Investoren an den Finanzmärkten bezweifeln, dass Präsident Mauricio Macri der Spagat gelingt, die Konjunktur anzuschieben und gleichzeitig Ausgaben zu kürzen und die Inflation einzudämmen. Die Teuerungsrate lag im Juli bei über 30 Prozent. Seit Jahresbeginn hat die argentinische Währung fast 54 Prozent an Wert verloren.
Leitzins bei 60 Prozent
Die Notenbank versucht den Verfall des Peso mit einer kräftigen Zinserhöhung aufzuhalten. Sie erhöhte ihren Leitsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld auf 60 Prozent von zuvor 45 Prozent. Wegen der Peso-Krise wächst inzwischen die Furcht der Anleger vor Zahlungsschwierigkeiten des Landes.
Die argentinische Regierung muss nun reagieren, will am Montag eine Reihe von neuen wirtschaftlichen Massnahmen vorstellen. Mit den Schritten solle das Haushaltsdefizit gesenkt werden, sagte Finanzminister Nicolas Dujovne am Donnerstag zu Journalisten.
Argentinien braucht Milliarden
Die Hoffnung der Regierung: Sie müsse dann auch die Kreditmärkte nicht mehr so stark anzapfen. Dujovne wolle am Montagabend nach Washington reisen, um sich mit Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu treffen und über die vorzeitige Auszahlung von milliardenschweren Finanzhilfen für Argentinien zu verhandeln. Damit ist das Abkommen, das Argentinien im Mai ausgehandelt hatte, bereits fast wieder Makulatur.
Die Landeswährung steht vor allem wegen der hohen Inflationsrate und einer schwachen Wirtschaftsentwicklung unter Druck. Nur zwei Jahre nach der Rückkehr in die Wachstumszone steuert Argentiniens Wirtschaft schon wieder auf eine Rezession zu. Das Haushaltsdefizit steigt rasant an.
«Geldscheine hier sind nur Papierfetzen»
Für die Bevölkerung im Land des Tangos verheisst das nichts Gutes, die Preise werden rasant ansteigen. Die Älteren kennen sich mit Krisen aus, die Jüngeren können erahnen, was es bedeutet: «Die jüngeren Leute – so wie ich – haben die letzte Staatspleite 2001 ja nicht bewusst erlebt, da war ich noch sehr jung. Aber jetzt sieht man, was passiert und sagt sich: Das ist alles nicht übertrieben, was sie dir erzählt haben», sagt eine Passantin in der Hauptstadt Buenos Aires gegenüber der «ARD».
Ein Mann pflichtet im selben Bericht bei: «Das Land hat ein Problem. Wir rechnen immer nur in Dollar, weil alle Regierungen unglaubwürdig waren. Und es ist logisch, nur in Dollar zu rechnen, wenn die Inflation bei 30 oder 35 Prozent liegt, die Zinsen bei über 40 Prozent. Die Geldscheine hier sind nur Papierfetzen.» Und weil sich mit Papierfetzen wenig bis gar nichts kaufen lässt, werden in Argentinien auch Güter des täglichen Bedarfs immer teurer. (koh)