Caroline Schiesser – die eigentlich anders heisst – sucht das, was alle suchen: die Liebe. Dafür registriert sich die 41-Jährige bei der Online-Partnervermittlung Elitepartner. Über 500 Franken kostet dort eine Jahresmitgliedschaft. Vier Tage später überlegt sie es sich anders und tritt vom Vertrag zurück. Gleichzeitig meldet sie sich bei ihrem Kreditkartenanbieter und verhindert, dass er den Mitgliederbeitrag definitiv abbucht.
Die selbständige Grafikerin hat alles richtig gemacht. Zumindest aus Sicht des Beobachters und des Konsumentenschutzes. Zwar sind Online-Partnervermittlungen nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt – dafür ist das Phänomen viel zu neu. Anders sieht es aber aus, wenn potenzielle Ehemänner oder Lebenspartnerinnen «offline» verkuppelt werden – also mit Karteikarten und Chiffren.
Mitgliedschaft jederzeit widerrufen
Das Gesetz sieht vor, dass Singles von einem solchen Auftrag innerhalb von 14 Tagen zurücktreten können. Sogar nach Ablauf dieser Frist können sie jederzeit widerrufen, müssen aber möglicherweise etwas zahlen, falls der Vermittlungsfirma ein Schaden entstanden ist. Diese Rechte sind zwingend. Anderslautende Kündigungsfristen oder Mindestlaufzeiten sind wirkungslos, auch wenn sie in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festgehalten sind.
Das sah Elitepartner anders und mahnte Schiesser, den Mitgliederbeitrag zu bezahlen. Wie alle anderen Anbieter macht sich Elitepartner hier eine gewisse Rechtsunsicherheit zunutze. Denn: Noch nie hat das Bundesgericht entschieden, ob die «alten» Gesetzesbestimmungen 1:1 auf die Online-Partnervermittlung angewendet werden müssen. Viele Kunden knicken ein und bezahlen, weil sie sich von den forschen Forderungen einschüchtern lassen oder Angst haben, dass sie betrieben werden. Doch Schiesser bleibt hart und zahlt nicht. Auch dann nicht, als Elitepartner die Forderung an die Infoscore AG, ein Inkassobüro, abtritt.
Und dieses macht ernst: Schiesser wird betrieben. Zwar hätte sie die Betreibung innerhalb von zehn Tagen stoppen können, doch bei der Post geht der Rechtsvorschlag unter. Darum erhält sie vom Betreibungsamt als Nächstes eine Pfändungsankündigung.
Spätestens jetzt wären die meisten wohl eingeknickt. Nicht so Schiesser: «Ich bin mir sicher, dass vielen das Gleiche passiert wie mir. Wenn alle immer nachgeben und bezahlen, macht Elitepartner immer so weiter. Ich wollte mich wehren.»
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Unterstützung vom Beobachter
Schiesser klagt gegen das Inkassobüro. Sie macht geltend, dass sie die 500 Franken plus 250 Franken, die das Inkassobüro zusätzlich von ihr will, nicht schuldet. Damit das Gericht überhaupt auf die Klage eintritt, muss sie einen Kostenvorschuss von 650 Franken zahlen. Konsumentenschutz und Beobachter entscheiden, Schiesser zu unterstützen. Denn: Beide sind sehr daran interessiert, ein Urteil zu erstreiten, das endlich Klarheit schafft.
Doch gerade an dieser rechtlichen Klärung haben die Online-Partnervermittler überhaupt kein Interesse – und wissen diese zu verhindern. Just als sich das Gericht mit Schiessers Klage zu befassen beginnt, zieht das Inkassobüro die Betreibung zurück. Elitepartner tritt nicht in das Verfahren ein. Das Gerichtsverfahren wird damit gegenstandslos und endet. Infoscore muss die Gerichtskosten übernehmen und an Schiesser eine Parteientschädigung von 165 Franken zahlen.
Keine Einsicht bei Elitepartner
Gut für Schiesser, ärgerlich für die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz. Und einmal mehr stossend, wie Online-Partnervermittlungen darauf spekulieren, dass den Betroffenen der Gerichtsweg zu mühsam beziehungsweise zu teuer ist.
Elitepartner hält auf Anfrage des Beobachters fest, dass es nach ihrer Auffassung im Schweizer Recht kein Widerrufsrecht gebe. Auf den Vorwurf, Gerichtsentscheide aktiv verhindern zu wollen, ging die Plattform nicht ein. Infoscore antwortete, dass man solche «Vermutungen und Annahmen» nicht kommentiere.