Kürzlich diskutierten SVP-Stratege Christoph Blocher (77) und Ex-Banker Oswald Grübel (74) über 40 Jahre Schweizer Wirtschaftsgeschichte. Anlass war ein runder Geburtstag der Publikation «Bilanz». Doch plötzlich drehte sich das Gespräch um die Gegenwart. Grübel sagt: «Eine verantwortungsvolle Regierung kann nicht zulassen, dass das Land mit den täglichen Versorgungsbedürfnissen der Bevölkerung vom Ausland abhängig wird.» Deshalb müssten Flughäfen, Energie, Wasser, SBB, Post oder auch der Zahlungsverkehr in Schweizer Hand bleiben.
Und Blocher sagt: «Ich bin dafür, dass Verkäufe strategisch bedeutsamer Schweizer Unternehmen an Ausländer politisch untersagt werden müssen. Unternehmen, die bei einem Untergang die schweizerische Volkswirtschaft mitreissen würden, dürften nicht in ausländische Mehrheiten gelangen.» Das betreffe Firmen, welche «too big to fail» seien. Zum Beispiel: Grossbanken oder solche Firmen, die «to important to fail» sind wie Bahnen, Kraftwerke oder Flugplätze. «Darüber hinaus sollte in der Schweiz der Erwerb einer Firma durch einen Ausländer nur dann zulässig sein, wenn auch im Land des Erwerbers Gegenrecht gegeben ist. Es braucht eine Äquivalenz. Das ist heute etwa in China nicht möglich, also müsste man das verlangen.»
Linke fordern Fusionsbehörde
Diese Woche hat nach dem Nationalrat auch der Ständerat einem Vorstoss zugestimmt, dass zentrale Infrastrukturen wie Wasserkraftwerke oder Stromnetze vor unerwünschter ausländischer Übernahme geschützt werden und deshalb der «Lex Koller» unterstellt werden sollen (BLICK berichtete).
Noch weiter geht die Linke. «SP fordert Fusionsbehörde», titelte der SonntagsBlick und schrieb, dass selbst ein Verkauf grosser Uhrenhersteller bewilligungspflichtig werden sollte. Und Parteipräsident Christian Levrat (47) meint: «Es gibt in der Schweiz nicht nur Banken, die systemrelevant sind. Es gibt durchaus auch Industrien und Firmen des Werkplatzes, die schützenswert sind.» Er zählt auf: Elektrizität, Wasserversorgung, Telekom, Post, Cybertechnik, Verkehr, Medienunternehmen, Hochschulen oder Gesundheit – «gerade etwa, wenn es um Software von Krankenhäusern, Bahnhöfen oder Flughäfen geht». Deshalb brauche es die Möglichkeit, Übernahmen durch staatliches Veto zu verhindern.
Mächtige politisch-wirtschaftliche Allianz
Sollen Regierungen in den Handwechsel von Firmen in protektionistischer Absicht eingreifen, insbesondere dann, wenn die Käufer Chinesen sind, die in dieser Frage kein Gegenrecht halten? Bislang verharrte die Schweiz meist bei ihrer traditionell liberalen Haltung. Jetzt formiert sich eine mächtige politisch-wirtschaftliche Allianz, die eine restriktivere Haltung verfolgt.
CVP-Präsident Gerhard Pfister (55) meint: Die Schweiz verfüge über zahlreiche innovative Firmen mit viel Know-how, die ein attraktives Übernahmeobjekt darstellten. «Nirgends ist die Übernahme eines solchen Unternehmens einfacher als in der Schweiz. Kein Wunder, stürzen sich die Investoren auf die leichte Schweizer Beute.»
Problematisch sei das insbesondere dann, wenn autoritäre Staaten wie China, Russland oder Saudi-Arabien im Spiel seien. Zum Schutz müsse die Schweiz deshalb ein Bewilligungsverfahren einführen beim Erwerb von Schweizer Unternehmen durch ausländische Investoren.
Auf der liberalen Seite ist die Skepsis gegenüber Staatseingriffen grösser. «Bei privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen sollte es grundsätzlich keine staatliche Beeinflussung bei Verkaufsentscheiden geben, das würde einer liberalen Politik nicht entsprechen», sagt FDP-Präsidentin Petra Gössi (42). Aber: In Schweizer Hand sollen Militär, Energie, Telekommunikation, Wasserversorgung und Verkehr bleiben.