«Ein starker Franken führt letztlich zu Deindustrialisierung und dem Verlust von Zehntausenden von Arbeitsplätzen», sagte Vincenz im Interview mit der «Schweiz am Sonntag». «Wenn wir uns für einen starken Franken entscheiden, wird es den Werkplatz, wie wir ihn heute kennen, nicht mehr geben», sagte er.
Nach Meinung des Bankchefs steht die Schweiz an einer Weggabelung: «Der eine Weg geht in Richtung mehr Spezialisierung und hochleistungsfähiger Hightech-Schweiz. Der andere in Richtung Anpassung ans europäische Umfeld, Richtung Mittelmass.»
Er fände es besser, «wenn wir uns weiter spezialisieren und uns nicht dem Mittelmass angleichen». Aber man müsse sich bewusst sein, dass dies auch etwas koste. «Das kann zulasten der sozial Schwächeren gehen.» Es müssten etwa soziale Auffangnetz gespannt werden, um mit der wachsenden Ungleichheit umgehen zu können, da nicht alle mit der Entwicklung mithalten könnten.
Wenn der Werkplatz an Bedeutung verliert, würden zwar laut Vincenz neue, hochspezialisierte Arbeitsplätze entstehen. «Das heisst auch, dass wir vermehrt exzellent ausgebildete Arbeitskräfte ins Land holen müssen, um noch wettbewerbsfähiger zu werden. Sind wir bereit dazu?», fragte er.
Vincenz kritisiert, dass die «grundlegende gesellschaftspolitische Debatte über die Vor- und insbesondere die Nachteile des starken Frankens» nicht stattfindet.
Für Vincenz ist klar, dass der Franken überbewertet bleibt. «Klar, man wird immer Schwankungen sehen, aber unsere Währung bleibt sehr hart.» Die Schweiz sei innovativ, haben eine geringe Staatsverschuldung, einen flexiblen Arbeitsmarkt und ein stabiles politisches System. «All das wollen wir ja, aber sie sind Treiber einer starken Währung.»
Vincenz gibt Ende September den Chefposten bei der Raiffeisen-Bank ab. Ab Oktober wird er Verwaltungsratspräsident beim Versicherer Helvetia. (SDA)