Herr Gulden, die EM 2016 blieb auch wegen zerrissener Schweizer Nati-Trikots in Erinnerung. Sind die Schweizer WM-Leibchen diesmal reissfest?
(lacht) Wir wollen es hoffen. Das Material wird speziell getestet. Die Schweizer Trikots sind schön und gut!
Puma rüstet die Schweizer Nati seit 20 Jahren aus. Eine aussergewöhnliche Treue in dieser Branche.
Und zwar von beiden Seiten! Der Schweizer Verband ist sehr professionell und zuverlässig. Die Schweiz zeigt ja auch hervorragende Leistungen. Nicht nur im Fussball, sondern zuletzt auch im Eishockey. Die Schweiz als Sportnation ist auf einem super Weg. Da ist es für Puma schön, dass wir als Partner in der grössten Sportart teilnehmen können. Nur in den Alpinen Sportarten sind wir Norweger noch etwas besser. (lacht)
Nach dem Aus von Italien ist die Schweiz an der WM die Puma-Topmannschaft. Was trauen Sie der Nati zu?
Die Favoriten sind klar: Spanien, Frankreich, Brasilien und Deutschland. Die Schweiz hat von den Spielertypen her aber echte Aussenseiter-Chancen. Für mich waren sie schon an der EM eine Überraschungs-Kandidat. Und das sind sie auch dieses Mal.
Puma rüstet an der WM nur vier Mannschaften aus. Gegenüber acht vor vier Jahren. Setzen Sie auf die falschen Mannschaften?
Es braucht nicht zehn Mannschaften, um sichtbar zu sein. Dafür reichen die vier, die wir haben. Selbstverständlich hätte ich gerne Italien dabei gehabt. Dann wären wir bei fünf. Das wäre eine gute Zahl gewesen.
Wie sehr schmerzt es Puma, dass Italien sich nicht qualifiziert hat?
Es war für uns nicht schön. Gewisse Verluste haben wir schon im Geschäftsjahr 2017 ausgeräumt. Dieses Jahr werden uns Umsätze fehlen. Es ist aber auch schade für den Fussball. Die Italiener gehören einfach dazu. Und sie sind wegen unserer Trikots und den Farben stets die bestaussehende Mannschaft an den Turnieren.
Es gab Kritik für Puma, weil die Auswärtstrikots Ihrer vier WM-Mannschaften alle gleich aussehen. Warum ist das so?
Was heisst gleich aussehen? Es gibt ja Farbvarianten. Alles, was wir tun, ist mit den Verbänden abgesprochen. Aber klar: Wir haben ein Konzept. Unsere Trikots sind eng geschnitten. Aber dank unserer Materialen ist die Beweglichkeit trotzdem sehr hoch. Ich finde, unsere vier Mannschaften sehen hervorragend aus!
Die Ausrüster-Verträge mit den Teams sind explodiert. Top-Teams wie Barcelona oder Manchester United kriegen pro Saison 100 Millionen Euro von Nike und Adidas. Wie halten Sie als Nummer 3 mit?
Zuerst einmal: Diese Verträge haben verschiedene Komponenten. Es gibt Fest-Summen, aber auch leistungsabhängige Faktoren. Die Summen, die in den Medien genannt werden, stimmen vielleicht, wenn ein Team Champions League, Meisterschaft und den Pokal gewinnt. Aber grundsätzlich ist es so: Je mehr man bezahlt, desto mehr Trikots wurden verkauft. Also sollte man froh sein, wenn man viel bezahlt.
Die grossen zwei teilen sich den Markt unter sich aus.
Man macht ja nur, was man sich leisten kann. Ich finde, wir haben in den letzten Jahren hervorragend gearbeitet und sind sehr sichtbar. Dank Arsenal, dank Dortmund, dank vielen erfolgreichen Mannschaften in Südamerika und nächste Saison auch dank AC Milan. Ich kann mich nicht beschweren.
Warum ist eigentlich Fussball so wichtig für die Sportartikel-Branche?
Fussball verbindet weltweit am meisten Menschen. Viele Leute sind als Fan irgendeiner Mannschaft gross geworden. Heute kommen zu den Mannschaften die Spieler dazu. Sie sind Idole, Heldenfiguren, die mit Social Media in alle Lebensbereiche hineindrängen. In vielen Ländern ist Fussball die stärkste Influencer-Form, die es gibt. Puma ist ja zusammen mit Adidas die älteste Sportmarke der Welt. Und Fussball Teil unserer DNA.
Sie haben vor kurzem aber angekündigt, wieder mehr in amerikanische Sportarten zu investieren.
Zwei Drittel der Welt werden von Fussball dominiert, ein Drittel von Basketball. Die Idole eines 16-jährigen Amerikaners spielen nun mal in der NBA oder in einer College-Mannschaft. Er interessiert sich nicht dafür, wie Dortmund gegen Bayern gespielt hat. Als Performance-Sportmarke wollen auch für diesen Jungen Sichtbarkeit, Innovation und Design herstellen. Puma war ja traditionell im Basketball engagiert, hat sich aber zurückgezogen. Jetzt wollen wir zurück.
Das wird schwer, der Markt ist aufgeteilt.
Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber wenn wir für den 16-jährigen Jungen relevant sein wollen, haben wir keine Wahl. Basketball hat einen riesigen Einfluss in den USA. Wenn wir dort nicht sichtbar sind, wird es schwer andere Produkte wie Lauf- oder Strassenschuhe zu verkaufen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Wir haben uns in den letzten Jahren neu aufgestellt und die Marke Puma ist nicht mehr negativ belastet.
Puma war negativ belastet?
Ich meine negativ im Sinne von: Bei den jungen Konsumenten waren wir nicht heiss. Zumindest bis vor vier, fünf Jahren. Man hat nicht investiert und hatte nicht die richtigen Produkte. Und wenn Du für die junge Generation nicht aktuell bist, bist Du draussen.
Als Sie angefangen haben, setzten Sie also auf die Jungen?
Wir haben an vielen Orten angesetzt. Wir haben zum Beispiel viel in den Frauenbereich investiert. Wir haben unsere Produkte und unser Design verbessert. Ich kann heute hinter jedem unsere Produkte – sei es ein Fitness-Schuh, ein Golf-Schuh, ein Fussball-Schuh oder neu auch ein Basketball-Schuh – stehen. Das war am Anfang nicht so. Heute sind wir glaube ich in den meisten Kategorien konkurrenzfähig. Wohlwissend, dass wir nicht perfekt sind und es noch viel zu tun gibt.
Sportkleidung wird immer mehr zur Alltagskleidung. Hilft Ihnen dieser Trend?
Das ist ja schon lange so. Im Moment ist es der 90er-Jahre-Look, der sehr angesagt ist. Klar hilft das, wenn man eine so lange Geschichte hat wie wir. Aber nur auf Retro zu setzen, kann man nicht. Man muss die richtige Balance zwischen Sport und Mode finden. Und idealerweise beides verbinden.
Wie macht man das?
Wir haben einen grossen Vorteil: Sportschuhe sind die bequemsten Schuhe, die es gibt. Die Leute wollen das auch in der Freizeit tragen. Kommt hinzu, dass die Weltbevölkerung immer mehr Sport treibt. Nicht nur klassische Sportarten wie Fussball oder Laufen. Sie gehen ins Fitness-Studio, machen Yoga oder Pilates. Nicht nur in Europa, sondern auch in China oder Indien. Vor allem Frauen. Und die wollen ja auch beim Sport gut aussehen.
Die Männer nicht?
Schon auch. Aber die Frauen vielleicht noch ein bisschen mehr. Und da trifft sich Mode und Sport. Unser Leitspruch ist: Cool stuff that works – coole Dinge, die funktionieren. Wir wollen immer punkto Design und Leistung top sein. Denn das ist der Anspruch des Kunden.
Die langjährige Besitzerin von Puma – der französische Luxusmarken-Konzern Kering – ist seit einem Monat nur noch Minderheitsaktionär. Was machen Sie mit der neu gewonnen Freiheit?
Kering-Besitzer Pinault hält weiter 29 Prozent und Kering behält 15. Der Rest ist im freien Verkehr. Für uns ist das sehr positiv. Wir hätten ja auch einen Besitzer verkauft werden können, der kurzfristig alles wieder anders machen will. So aber können wir unsere Strategie weiterverfolgen: Jedes Jahr investieren und uns ein bisschen verbessern. Ich glaube, Puma braucht jetzt vor allem Kontinuität.
Vorher waren Sie eine Schwestern-Marke von Luxus-Brands wie Gucci oder Alexander McQueen. Ist es nicht ein bisschen schade, dass sie das nicht mehr sind?
Nein. Man hat versucht, Synergien zwischen uns und ihnen zu finden. Die Idee war sicher gut, aber es hat nicht geklappt. Es gibt nun mal nicht so viele Synergien zwischen Krokodil-Leder für Handtaschen und Schweine-Leder für Fussballschuhe. Jetzt haben wir vollen Fokus auf Puma. Wir konkurrenzieren mit Riesenfirmen wie Nike und Adidas. Da muss man 24 Stunden am Tag für Puma da sein und kann nicht noch für andere Marken mitdenken.
Es gibt sehr viel Innovation in Sachen Produktionstechnik. Stichwort: Roboterfabriken und Individualisierung von Produkten. Was hat das für einen Einfluss auf Sie?
Wir besitzen keine eigenen Fabriken und haben auch nicht vor, welche zu eröffnen. Dafür haben wir Partner, meiner Meinung nach die besten der Welt. Klar sind das relevante Themen, die Sie ansprechen und wir haben viele solche Projekte. Wir versuchen dies mit unseren Partner umzusetzen. Unsere Stärken liegen aber im Design, im Marketing sowie Verkauf und Vertrieb. Ich habe keine Lust, mit einer eigenen Fabrik ein Konkurrent unserer Partner zu werden.
Seit Sie Puma übernommen haben, hat sich der Aktienkurs verdreifacht. Wie haben Sie aus einem Zootier wieder eine Raubkatze gemacht?
Es ist eigentlich relativ einfach: Man muss für alle Stakeholder Werte schaffen. Unser wichtigster Stakeholder ist der Kunde. Für ihn haben wir unsere Produkte verbessert. Der zweite sind unsere Händler. Wir wollen, dass sie mit uns Geld verdienen. Lange war das nicht der Fall. Und der dritte sind unsere Angestellten. Wir haben 13000 Leute, die für uns arbeiten. Die sollen Spass haben, bei dem was sie tun. Wenn man all das umsetzt, geht der Aktienkurs automatisch nach oben.
Haben Sie Ihre Mission damit beendet?
Noch lange nicht! Puma hat ja die gleiche Ausgangslage wie Adidas und sie sind fünf Mal grösser als wir. Das zeigt ja, dass in der Vergangenheit kein guter Job gemacht wurde. Es gibt also noch ein riesiges Potenzial für uns.
Sie sind Norweger, waren in Deutschland Fussball-Profi, aber geboren sind sie in der Schweiz. Welche Erinnerungen haben Sie noch?
Mein Vater war lange bei den Grasshoppers. Ich glaube, er ist der einzige, der als Fuss- und Handballer Schweizer Meister geworden ist. Ich erinnere mich sehr gut an das blau-weisse Grasshoppers-Trikot. Damals war das der grosse Verein.
Ist das der Grund, warum GC von Puma ausgerüstet wird?
Nein nein, der Deal ist ja vor mir entstanden. Es ist sicher ein schöner Zufall. Aber die Leistung von GC muss schon auch stimmen.
Der in der Schweiz geborene Norweger Bjørn Gulden (53) ist seit 2013 Puma-CEO. Davor arbeitete er unter anderem für Adidas, die Outdoor-Marke Helly Hansen und den Schuhhändler Deichmann. In den 80er-Jahren spielte er eine Saison lang als Profi in der zweiten Bundesliga beim 1. FC Nürnberg. Nach seiner Sportkarriere studierte er Wirtschaftswissenschaften. Gulden ist verheiratet und Vater von drei Söhnen.
Der in der Schweiz geborene Norweger Bjørn Gulden (53) ist seit 2013 Puma-CEO. Davor arbeitete er unter anderem für Adidas, die Outdoor-Marke Helly Hansen und den Schuhhändler Deichmann. In den 80er-Jahren spielte er eine Saison lang als Profi in der zweiten Bundesliga beim 1. FC Nürnberg. Nach seiner Sportkarriere studierte er Wirtschaftswissenschaften. Gulden ist verheiratet und Vater von drei Söhnen.
Und was ist Ihnen abgesehen vom Sport geblieben?
Meine Eltern sind geschieden. Ich war also mal hier, mal dort. Die Schweiz war mir immer sehr nahe. Als ich bei Deichmann und Dosenbach war, war ich alle paar Monate da. Ich mag das Land unglaublich gern. Es hat ja eine gewisse Ähnlichkeit mit Norwegen. Naturnah, nicht so eine grosse Bevölkerung, in einem positiven Sinne stolz auf unser Land.