Von wegen ausgestanden! Der Frankenschock hat in der Industrie deutliche Spuren hinterlassen. Vor allem in der Maschinenindustrie. Über 12'000 Arbeitsplätze hat die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank seit 15. Januar 2015 die Schweiz gekostet. Dies hat eine Umfrage des Arbeitgeberverbandes Swissmechanic ergeben.
Sicherheit für vier Wochen
«Die Schere zwischen den grossen Industrieunternehmen und den KMU öffnet sich weiter», sagt Verbandspräsident Oliver Müller (52) in der Medienmitteilung.
Tatsächlich scheinen die Grossunternehmen den Frankenschock besser verdaut zu haben als kleinere und mittelgrosse Betriebe. Während die grossen Firmen die Geschäftslage als gut einschätzen, klagt der Rest der Branche laut Swissmechanic-Umfrage über die desolate Auftragslage. So habe fast die Hälfte der befragten Unternehmen keine gesicherte Produktion über vier Wochen, schreibt Swissmechanic in der Mitteilung.
Ähnlich schätzt die Lage auch Unternehmer Philippe Gaydoul (44) ein. Der Besitzer der Schuhmarke Navyboot sagte unlängst in einem Interview zu BLICK: «Der Frankenschock ist noch lange nicht ausgestanden.» Als Grund nannte er den Einkaufstourismus. «Im letzten Jahr flossen dadurch rund 11 Milliarden Franken ab.»
Weitere Funktionen in Gefahr
Ganz anders schätzte Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger (54) die Situation ein: «Wer Stellen abbaut, tut dem Land einen Gefallen», sagte dieser Anfang Mai zu BLICK. Für den Professor gehört der Abbau von Stellen zu einer Marktbereinigung. «Firmen, welche die teuren Löhne in der Schweiz nicht mehr zahlen können, tun der Volkswirtschaft einen Gefallen, wenn sie die Stellen ins Ausland verlagern, statt den Staat zu Hilfe zu rufen.»
So oder so: Trotz Wachstumsprognosen (+ 1,8 Prozent) für das nächste Jahr bleibt die Lage auf dem Werkplatz Schweiz angespannt. Grund hierfür ist nicht zuletzt die fortschreitende Digitalisierung, die manche Funktion überflüssig machen dürfte.