Auf dem Pult von Preisüberwacher Stefan Meierhans (50) stapeln sich zum grössten Teil Reklamationen wegen überhöhten öV-Tarifen, Beschwerden über die Post oder Meldungen frustrierter Telekomkunden. Kürzlich hat sich aber ein Insasse eines Zürcher Gefängnisses bei ihm gemeldet.
Der Mann hat sich über die Preise des gefängniseigenen Kioskes aufgeregt. Im Gefängnis-Lädeli zahlt er für eine 1,5-Liter-Flasche Coca Cola nämlich 2.30 Franken. Bei Coop zum Beispiel kostet die gleiche Flasche 2.05 Franken.
Aktionspreise nicht weitergegeben
Diese Preisunterschied war zu viel für den Häftling. Also setzt er sich in seiner Zelle ans Pult und schreibt dem Preisüberwacher. Zudem beschwert er sich darüber, dass die Aktionspreise der Lieferanten nicht an die Insassen weitergegeben würden. Der Preisüberwacher setzte sich mit dem Gefängnis in Verbindung und verlangte eine Stellungnahme.
Das Kiosk-Lädeli ist für die Häftlinge eine wichtige Institution im Anstaltsalltag. Sie können sich dort mit Waren des täglichen Bedarfs eindecken. Etwa mit einer Tube Senf für 1.50 Franken, mit drei Beuteln Quick Soup Croutons (2.20 Fr.) oder mit einem Zwicky Früchtemüesli für 5.80 Franken. Aber auch Zigaretten, Schokolade, Toilettenartikel oder Briefpapier und Kugelschreiber stehen im Angebot, wie BLICK auf Anfrage erfahren hat.
«Können Preisliste nicht wöchentlich anpassen»
Doch warum werden die Produkte im Knast-Lädeli nicht zum regulären Preis verkauft? «Den Gefängnissen entstehen Zusatzkosten für die Lagerhaltung, für das Entgelt der Kiosk-Arbeiterinnen, für den Ersatz verdorbener Waren und letztlich auch für den Mitarbeiter, der das Ganze auf die Stockwerke verteilt», sagt eine Sprecherin zu BLICK. Aktionspreise der Lieferanten würden nicht weitergegeben, «weil die Gefängnisse die Preisliste nicht wöchentlich anpassen können» und wollen.
Die Zürcher Justizdirektion nimmt sich nun der Sache an. «Wir gehen die Thematik in einer Arbeitsgruppe an», sagt die Sprecherin. Ob die Preise angepasst würden, sehe man dann nach der Analyse. «Das wird voraussichtlich bis Anfang 2020 dauern.»
Arbeitsgruppe nimmt die Arbeit auf
Ausführlicher hat sich die Justizdirektion gegenüber dem Preisüberwacher geäussert, wie man dem aktuellen Newsletter entnehmen kann. «In einem ersten Schritt wird eruiert, inwiefern sich die Kioskangebote und deren Preise in den Gefängnissen unterscheiden würden», heisst es da.
Danach soll in einem zweiten Schritt das Kioskangebot grundsätzlich überprüft und bei Bedarf erweitert werden. Und dann: «Gleichzeitig sollen die Preise neugestaltet werden, da es offenbar einen gewissen Spielraum für eine Anpassung der Preise nach unten gebe.» Das wird die Insassen freuen.
Ironie des Schicksals: Der Häftling, der sich an den Preisüberwacher gewandt hatte, hat das Gefängnis mittlerweile bereits wieder verlassen. Seine ehemaligen Knast-Kollegen dürften ihm aber dankbar sein, falls die Preise seinetwegen dann auch wirklich purzeln.