Strafzinsen für Privatsparer? Kurz nach der Einführung der Negativzinsen am 15. Januar 2015 war das noch undenkbar. Doch heute weht ein anderer Wind. Vor einem Jahr hat die Alternative Bank Schweiz erstmals Negativzinsen an Privatkunden weitergegeben. Und letzte Woche ist die Postfinance nachgezogen. Ab einer Million Franken Vermögen zahlt der Sparer Strafzinsen.
Ist das der Dammbruch? Möglicherweise. Zumindest Ökonomen der UBS glauben, dass sich auch Privatkunden bald mit Negativzinsen abfinden müssen.
Probleme haben vor allem Banken, die im Inland geschäften. Denn ob Regionalbanken, Raiffeisenbanken oder Kantonalbanken – sie setzten auf das Zinsgeschäft. Entweder durch die Kreditvergabe oder indem sie Kundengelder verwalten. Allen voran Raiffeisen: Sie erzielt 80 Prozent der Gesamterträge im Zinsgeschäft (siehe Grafik oben).
Ein Teil dieses Geldes parkieren die Banken bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Dafür zahlen sie seit dem Frankenschock einen Strafzins von –0,75 Prozent. Allerdings gibt es eine Freigrenze von insgesamt rund 300 Milliarden Franken. Erst darüber zahlen die Banken Negativzinsen (siehe Grafik unten).
Die Geldhäuser müssen das Geld loswerden. Etwa indem sie Hypothekarkredite vergeben. Doch hier mischen neuerdings auch Pensionskassen und Versicherungen mit. Das setzt die Banken unter Druck. Die Konsequenz: Sie bleiben auf ihrem Geld hocken und zahlen dafür Strafzinsen. Und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Banken Negativzinsen an Privatkunden weitergeben.
Bargeld im Tresor
Die Folgen sind unklar. Die UBS-Ökonomen malen sich unterschiedliche Szenarien aus. Einerseits könnten die Sparer Negativzinsen einfach akzeptieren – institutionelle Anleger machen das ja auch.
Doch Private haben Alternativen. Sie könnten das Geld ins Ausland abziehen. «Im schlechtesten Fall nehmen Sparer ihre Guthaben aus dem Finanzkreislauf und bewahren diese in einem Tresor auf», schreiben die Verfasser der Studie. Den Banken fehlt dann Geld für die Vergabe von Krediten.
Und nicht nur das! Horten Herr und Frau Schweizer Geld daheim oder in einem Banktresor, könnte Bargeld knapp werden. Ein Teufelskreis: «Eine Knappheit an Bargeld könnte sich zu einer Flucht aus den Spar- und Sichtguthaben ausweiten», glauben die UBS-Ökonomen. Ein absolutes Horrorszenario.
Dazu muss es nicht kommen. Die SNB könnte den Strafzins beibehalten, aber die Freigrenzen für die Banken erhöhen. Die abschreckende Wirkung bliebe trotzdem erhalten.
Eher unrealistisch ist die Idee, das Bargeld abzuschaffen. Die wichtigste Alternative zum Sparkonto wäre damit verschwunden. Das würde zwar das Finanzsystem retten, ist politisch aber chancenlos. (bam)