Herr Köng, wo verbringen Sie die Sommerferien?
Hansruedi Köng: Ich verreise mit der Familie nach Südfrankreich.
Sie unterstützen nicht den darbenden Schweizer Tourismus?
Doch, wir gehen jeden Winter ausgiebig ins Berner Oberland Ski fahren. Im Sommer ziehen wir es aber vor, ans Meer zu fahren.
Köng leitet PostFinance seit 2012. Als eine der ersten Amtshandlungen schaffte er für Sitzungen der Geschäftsleitung die Krawattenpflicht ab und führte die Duz-Kultur ein. Köng selbst stellt sich seinen Mitarbeitern als «Housi» vor. Um zu erfahren, was seine 4000 Angestellten beschäftigt, führt er intern einen Blog.
Worüber haben Sie zuletzt in Ihrem Blog geschrieben?
Da muss ich überlegen ... Ich glaube, es ging um den starken Franken.
Die Sommerferien im Ausland machen Ihnen also doch ein schlechtes Gewissen?
Nein, absolut nicht. Es ging um die Wirren im Nachgang zur Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank sowie die Auswirkungen auf PostFinance und deren Kunden.
Von Gesetzes wegen darf PostFinance keine Hypotheken und Kredite gewähren. Deshalb parkiert sie einen Teil der Kundengelder bei der Nationalbank (SNB). Diese verlangt dafür ab einem bestimmten Betrag 0,75 Prozent Negativzinsen – als Massnahme gegen den starken Franken.
Wie viel kosten Sie die von der SNB eingeführten Negativzinsen?
Insgesamt haben wir bisher einen einstelligen Millionenbetrag bezahlt. Um die zusätzlichen Kosten abfedern zu können, verrechnen wir Grösstkunden und Banken eine Guthabengebühr. Zudem zahlen wir Geschäftskunden auf Vermögen von über zehn Millionen Franken keinen Zins mehr.
Drohen auch dem Kleinsparer Negativzinsen?
Im Moment können wir das ausschliessen. Allerdings dürften die Zinsen auf Sparguthaben noch weiter sinken und die Gebühren steigen. Das betrifft nicht nur PostFinance-, sondern sämtliche Bankkunden. Die Banken sind gefordert, neue Ertragsmodelle zu entwickeln. Denn die tiefen Zinsen belasten ihre Ergebnisse immer mehr. Darauf dürfte sich die Branche längerfristig einstellen müssen.
Das dürfte viele PostFinance-Kunden irritieren. Schliesslich bezahlten Sie bis jetzt immer die höchsten Zinsen.
PostFinance zahlt im Quervergleich immer noch gute Zinsen. Wer sein Geld bei uns angelegt hat, verzeichnet nach wie vor einen Vermögenszuwachs. Deshalb habe ich kein schlechtes Gewissen, dass wir die Zinsen gesenkt haben.
Neben dem Kreditverbot hat der Bund dem Finanzinstitut der Post auch bei den Anlagen strenge Richtlinien auferlegt. So darf PostFinance Spargelder nur in sehr sichere Staats- und Unternehmensanleihen investieren, die heute praktisch keinen Gewinn mehr abwerfen.
Ist sich der Gesetzgeber, also der Bund, Ihrer misslichen Lage bewusst?
Es ist nicht unsere Aufgabe, Politik zu machen. Aber selbstverständlich stehen wir in Kontakt mit dem Bund – erst recht seit dem Entscheid der SNB. Denn seit der Einführung der Negativzinsen und dem Fakt, dass der Kapitalmarkt für uns fast keine Rendite mehr abwirft, ist das Handicap für PostFinance noch viel grösser geworden als vor fünf Jahren. Das ist eine hohe Hürde. Schliesslich haben wir vom Eigner den klaren Auftrag, nachhaltig Mehrwert zu schaffen.
Stossen Sie mit Ihren Sorgen auf offene Ohren?
Das Problem ist erkannt. Allerdings hat sich bis jetzt noch nichts geändert.
Seit Jahren wird darüber spekuliert, ob PostFinance an die Börse geht. Ist das noch ein Thema?
PostFinance ist eine 100-prozentige Tochter der Schweizerischen Post. Bei einem allfälligen Börsengang müssten mindestens 51 Prozent beim Mutterhaus verbleiben, die restlichen 49 Prozent könnten rein theoretisch an die Börse gebracht werden. Ich wäre offen dafür. Derzeit ist es aber schlicht der falsche Zeitpunkt für einen Börsengang und deshalb ist er kein Thema.
Das Bankgeschäft wandert zunehmend ins Internet ab, Filialen werden geschlossen. Auch bei PostFinance?
Der Internet-Trend ist auch für uns sehr wichtig. Wir sind Marktführer im Zahlungsverkehr. Heute werden 34 Prozent weniger Zahlungen am Postschalter getätigt als noch vor 15 Jahren. Und das, obwohl Transaktionen insgesamt zugenommen haben. Das zeigt: Digitales Banking wird immer wichtiger.
Schliessen Sie Filialen?
Nein. PostFinance betreibt schweizweit 43 eigene Filialen. Diese brauchen wir, um die Kunden beraten zu können.
Jüngst haben Sie als erstes grosses Finanzinstitut eine Debitkarte lanciert, mit der Kunden im Laden kontaktlos bezahlen können – also ohne Eingabe der PIN. Folgt jetzt das Bezahlen mit dem Handy?
Derzeit testet unsere Tochtergesellschaft Twint zusammen mit Coop, der SV-Gruppe und anderen Partnern eine Bezahl-App. Mit dieser können Konsumenten, unabhängig davon, bei welcher Bank sie sind, an der Ladenkasse, in E-Shops, an ÖV- oder Food-Automaten, aber auch an andere Personen bezahlen.
Liegen schon erste Testergebnisse vor?
Ja. Das System funktioniert und bewährt sich. Zahlen mit dem Handy wird die Zukunft sein. Eben hat uns die eidgenössische Finanzmarktaufsicht grünes Licht für das Geschäftsmodell von Twint gegeben. Im Herbst beginnt die Markteinführung an 6000 Coop-Ladenkassen. Zeitgleich sollen Konsumenten auch im Internet ihre Webeinkäufe damit bezahlen können. Zahlungen zwischen Personen folgen Ende August, die Automaten im Herbst.
Im Steuerstreit mit den USA konnten einige Banken inzwischen einen Schlussstrich ziehen. Wo stehen die Verhandlungen zwischen PostFinance und dem US-Departement of Justice?
Wir stehen in engem Kontakt. Der Zeitrahmen hängt vom amerikanischen Justizdepartement ab. Wir waren und sind stets kooperativ. Wir sind zuversichtlich, dass auch wir bald einen Schlussstrich ziehen können.
Werden Sie danach weiterhin sogenannte «US-Personen» als Kunden aufnehmen?
Ja, denn wir haben für US-Bürger in der Schweiz einen Grundversorgungsauftrag zu leisten. Bei uns können zudem nicht nur Amerikaner ein Konto eröffnen, die in der Schweiz leben, sondern auch Schweizer, die in die USA gezogen sind.