Nichts weniger als der Weg aus der Krise fordert die Verkehrskommission des Nationalrats von der SBB-Führung. Heute Dienstag nun musste SBB-Präsidentin Monika Ribar (60) bei der Kommission antraben und Antworten liefern.
Wie das Unternehmen die Verlässlichkeit steigern kann, wie es um die Sicherheit bestellt ist und wie die SBB die leidigen Personalengpässe beseitigen will. Und vor allem: Wie schnell die Nachfolge von Noch-SBB-Chef Andreas Meyer (58) geregelt wird.
Keine weiteren Verzögerungen
Nach 13 Jahren an der Spitze der Bundesbahn nimmt Meyer spätestens Ende 2020 den Hut. So zumindest plante die SBB-Spitze noch vor kurzem. Doch Kommissionspräsidentin Edith Graf-Litscher (55) machte bereits im Vorfeld klar, dass ihr die lange Übergangsphase ein Dorn im Auge sei.
Mit anderen Worten: Die Verkehrskommission erwartet Lösungen – und zwar subito. Ribar ist gefordert. Sie ist federführend bei der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger. BLICK erreicht Kommissionspräsidentin Graf-Litscher kurz nach der Sitzung.
Offenbar hat der Druck der nationalrätlichen Kommission seine Wirkung nicht verfehlt: «Die Nachfolge, das hat uns Frau Ribar zugesichert, werde bis Ende 2019 geregelt», sagt SP-Nationalrätin Graf-Litscher. Also viel früher als von der SBB-Spitze zunächst geplant. Der genaue Zeitpunkt, wann Meyer das Unternehmen verlässt, ist indes immer noch unklar. Eine Antwort auf die Anfrage von BLICK bei den SBB punkto Nachfolgeregelung steht noch aus.
Ribar gelobt Besserung
Im Weiteren informierte Ribar, dass es mit dem Fahrplanwechsel zu keinen weiteren Verzögerungen kommen sollte und die nötigen Bombardier-Züge zugesichert seien, so Graf-Litscher. Bezüglich Sicherheit und Meldewesen haben die SBB die nötigen Massnahmen und externen Untersuchungen eingeleitet. «Konkretes konnte uns Frau Ribar noch nicht berichten. Nicht zuletzt deshalb müssen wir genau hinschauen, dass die SBB ihre Hausaufgaben macht», sagt Graf-Litscher.
Zudem habe Ribar Fehler bei der Einschätzung des Personalbedarfs von Lokomotivführern und bei weiterem Fachpersonal eingestanden. Es würden nun zusätzliche Ausbildungen angeboten. Eine erste Entspannung des Personalmangels sei aber erst in den kommenden zwei Jahren zu erwarten, so Graf-Litscher weiter.
SBB-Präsidentin Ribar versicherte zudem, dass die SBB hart daran arbeite, die Pünktlichkeit zu verbessern und wies gleichzeitig auf die Kapazitätsgrenzen des Netzes hin. Durch die verbesserte Absprache und Koordination von Baustellen soll die betriebliche Zuverlässigkeit verbessert werden.
«Die Verkehrskommission wird den Druck aufrecht erhalten, damit die versprochenen Massnahmen auch umgesetzt werden. Nun müssen Taten folgen. Die SBB-Führung muss Verantwortung übernehmen», sagt Graf-Litscher.
Frauen mit guten Karten
Derweil dreht sich das Nachfolgekarussell. Der Verwaltungsrat hätte am liebsten jemanden mit «Bähnler-Gen». So wie Roberta Cattaneo (52), Chefin von SBB Süd. Die Südbündnerin, die kein Blatt vor den Mund nimmt, weiss, wie sie sich bei Bähnlern Respekt verschaffen kann. Im Gespräch mit dem BLICK sagte sie kürzlich: «Ich verstehe mich als Public Servant.»
Ebenfalls gute Karten hat Anna Barbara Remund (51). Die Bernerin leitet die Abteilung Infrastruktur beim Bundesamt für Verkehr, war zuvor Chefin des Personenverkehrs der BLS und dann des Regionalverkehrs der SBB.
Das Frauen-Quartett komplettieren Cornelia Mellenberger (40) und Jeannine Pilloud (55). Mellenberger ist Leiterin Fernverkehr und Mitglied der Geschäftsleitung Personenverkehr bei der SBB.
Die 40-Jährige leitete die Unternehmensentwicklung bei der SBB bis Ende 2018. Pilloud ist Chefin des Technologiekonzerns Ascom. Sie leitete von 2011 bis 2017 den Bereich Personenverkehr bei der SBB, verliess das Unternehmen jedoch im Streit. Sie hat die schlechtesten Karten.
Top-Kandidat nimmt sich aus dem Rennen
Bei den Männer hat sich Top-Kandidat Renato Fasciati (44) gleich selbst aus dem Rennen genommen. Gegenüber SRF sagte Der Chef der Rhätischen Bahn klar, dass er nicht zur Verfügung stehe. Ein weiterer illustrer Name ist Bernard Guillelmon (53), Vorsitzender der Geschäftsleitung der BLS. Der welsche Ingenieur hatte vor seinem Amtsantritt bei der BLS bereits leitende Positionen bei der SBB inne.
Nicht vergessen darf man Jacques Boschung (52), Leiter Infrastruktur bei der SBB. Der Freiburger ist seit Anfang des Jahres bei der SBB. Zuvor arbeitete er beim US-Technologiekonzern Dell. Aus Altersgründen wenige Chancen werden Nicolas Perrin (60), Leiter von SBB Cargo, und Thomas Küchler (58), Direktor der Südostbahn, eingeräumt.
Die Person, die die SBB nun suchen, muss laut Präsidentin Ribar nicht nur ein Unternehmen führen können, sondern auch eine politische Affinität haben. Bezüglich Lohn halte man sich an die Vorgaben des Bundesrates. Klar ist: Der Lohn wird tiefer sein. Mit Vorsorgebeiträgen verdiente Meyer 2018 satte 1,2 Millionen Franken. Ein Salär, das immer wieder für Kritik sorgte.