BLICK: Herr Bodenmann, Avenir Suisse will die Zweitwohnungsbesitzer einspannen, um die Krise in den Berggebieten zu lösen. Was halten Sie davon?
Peter Bodenmann: Die Erkenntnis ist richtig, dass die Zweitwohnungsbesitzer der entscheidende Hebel sind. Aber Avenir Suisse serviert Sirup und geht zu wenig weit. Gutes Zureden ist wichtig, aber es reicht nicht.
Was braucht es denn?
In den Alpen hat es eine Million Betten in Zweitwohnungen. Viele werden wenig bis nicht genutzt. Mein Vorschlag: Pro zwei Betten müssen die Zweitwohnungsbesitzer ein übertragbares Generalabo für die Bergbahnen übernehmen.
Was bringt das?
Skifahren ist für eine durchschnittliche Familie zu teuer. Mit einem übertragbaren GA hätten die Wohnungsbesitzer einen Anreiz, ihre Wohnung mitsamt GA zu vermieten. So würde Skifahren über Nacht wieder erschwinglich für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen. Und wir hätten einen Boom in den Alpen.
Würden die Zweitwohnungsbesitzer ein solches Zwangsabo akzeptieren?
Wenn man nichts tut, steht früher oder später einfach die Bergbahn still. Dann brechen auch die Preise der Wohnungen ein. Das will niemand. Im Gegenzug muss man den Zweitwohnungsbesitzern auch etwas geben. Sie müssen die Eigentümer der Bergbahnen werden. Dann können sie entscheiden, ob sie diese ausbauen oder stilllegen wollen.
Das wird aber massiv teuer für die Zweitwohnungsbesitzer.
Es hält sich in Grenzen. Die Investitionen in die Bahninfrastruktur machen nur zehn Prozent der Immobilieninvestitionen aus. Zudem erhalten die Wohnungsbesitzer ja einen Gegenwert und haben erst noch die Garantie, dass ihre Wohnungen werthaltig bleiben.
Gibt es Beispiele, wo das schon der Fall ist?
Nein, die Widerstände sind gross. Aber dass es funktioniert, zeigt das Beispiel Saas-Fee. Die Saisonkarte für 222 Franken hat eingeschlagen wie eine Bombe. Die Aktion setzt am gleichen Punkt an wie das GA. Aber die Reaktion ist typisch: Tourismus-Professoren und Berggebietspolitiker runzeln nur die Stirn und schweigen.
Was braucht es, damit die Änderung kommt?
Sie wird ohnehin kommen. Die Mobilität wird in den nächsten zehn Jahren massiv billiger werden. Selbststeuernde Elektrofahrzeuge werden alles verändern. Während der Fahrt kann man sich erholen und arbeiten. Es spielt keine Rolle mehr, wo ich wohne und wo ich lebe.
Und davon profitiert das Berggebiet?
Sicher. Wie viele werden mittelfristig in der Mittelland-Nebelsuppe arbeiten und ihre Freizeit verbringen wollen? Immer weniger, wenn im Berggebiet 400'000 attraktive, renovierte Wohnungen warme Betten anbieten. Selbststeuernde Fahrzeuge sind nur der Anfang. In zehn Jahren werden die Autos fliegen.
Jetzt heben Sie ab!
Nein. Uber hat eben einen Nasa-Ingenieur unter Vertrag genommen, der ein fliegendes Auto entwickelt hat und jetzt Chef der Flugsparte von Uber wird. Er soll für Uber ein Netz von Flugtaxirouten aufbauen. Stellen Sie sich vor, was das für die Berggebiete bedeutet! Zürich–Zermatt ist nur noch ein Katzensprung.