Er werde sich dafür bei der nächsten Sitzung der EU-Kommission am 13. Januar einsetzen, sagte der für Medienpolitik zuständige EU-Kommissar der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe das Thema auf die Tagesordnung gesetzt.
Er will demnach ein Instrument nutzen, das es erst seit 2014 gibt. Es sieht einen strukturierten Dialog mit einem Mitgliedstaat vor, wenn die Kommission systembedingte Gefahren für die Rechtsstaatlichkeit erkennt.
Wenn der Staat nicht auf Änderungsvorschläge aus Brüssel reagiert, leitet die Kommission ein Verfahren wegen des Verstosses gegen europäische Grundwerte ein. Das sei noch nie geschehen, könnte aber bis zum Entzug von Stimmrechten führen, heisst es in dem Bericht weiter.
Das polnische Parlament hatte zum Jahresende im Eilverfahren ein Mediengesetz verabschiedet, das die konservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski durchgesetzt hatte. Damit wurde eine direkte Ernennung und Abberufung der Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender durch die Regierung eingeführt, künftig obliegt sie dem Finanzminister.
Oettinger äusserte sich gegenüber der «FAS» besorgt darüber. «Ein Intendant darf nicht ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Das wäre Willkür», sagte Oettinger. «Je grösser unsere Sorge ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion einbüssen könnte, nämlich die Bürger unabhängig zu informieren, desto mehr müssen wir die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden stärken», fügte der deutsche EU-Kommissar hinzu.
Internationale Medienorganisationen waren Sturm gegen die Medienreform in Polen gelaufen. PiS-Chef Kaczynski hat allerdings bereits einen weitgehenden Umbau der öffentlich-rechtlichen Sender und der polnischen Nachrichtenagentur PAP angekündigt: Sie sollen zu Kulturinstituten unter Patronat eines Nationalen Medienrates werden, den die neue Regierung aufbauen will. Kurz vor der Medienreform war trotz Warnungen der EU eine Reform des polnischen Verfassungsgerichts in Kraft getreten, die die Arbeit der Verfassungshüter erheblich erschwert.